… RAINALD GREBE?
: Das Waldbühnen-Wahlorakel

So also sieht das aus, wenn sich der Gesamtberliner aufführt. Rainald Grebe, der Volksbarde, der sich mit Anti-Hymnen auf alles im Osten, was nicht Berlin ist, einen Namen gemacht hat, hatte am Samstagabend in die Waldbühne geladen. Und den wohl einzigen möglichen Zugang zu dieser leicht verstaubten Arena gefunden: Er nimmt sie ernst. So ernst, dass man drüber lachen kann. Es gibt Boxkämpfe im Vorprogramm, weil Max Schmeling mal hier war. Es singt der Gropiusstadtchor in 80er-Jahre-Kostümen. Es bläst die Bolschewistische Kurkapelle. Aber irgendwie macht das alles nichts. Oder umgekehrt: Grebe macht alle an. Jedenfalls sind sie alle hier. 14.000 mindestens. Ältere Berliner, die man eher bei einem echten Volksliederabend vermuten würde. Eine fahnenschwenkende Abordnung der wasser armee friedrichshain, die sonst ihren Anarchokiez bei der Gemüseschlacht auf der Oberbaumbrücke gegen Kreuzberger Spontis vertritt. Und Klaus Wowereit.

„Wowereit! Wowereit!“, ruft Grebe. Das Publikum stimmt lauthals mit ein. „Künast! Künast! Künast!“, schießt er hinterher. Das Echo ist mau. „Das kommt dann schon noch“, meint Grebe. Aber vielleicht ist Künast auch nicht so die Kandidatin für den ironisch veranlagten Gesamtberliner. Wowereit erscheint auf der Großbildleinwand. Er lächelt. GA

Foto: Jim Rakete