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: Sturz in den Wüstenstaub

20.15 Uhr, Sat.1, „Der geheimnisvolle Schatz von Troja“ (1. Teil)

Man könnte mit einem Kalauer beginnen und diesen Film tiefschürfend nennen. Schließlich geht es um genau das: um einen, nennen wir ihn Archäologen, der im persischen Wüstensand wie besessen nach dem eigenen Ego wühlt. Die Kalauer aber, so viel sei gleich zu Beginn verraten, kann man diesem Event-Movie getrost selbst überlassen. Denn „Der geheimnisvolle Schatz von Troja“ ist schlicht ein ziemlich schlechter Witz. Und der geht ungefähr so: Ein von den akademischen Expertenrunden verspotteter Kaufmann sucht das legendäre Troja und findet die Liebe.

Dass dieser Kaufmann nun Heinrich Schliemann heißt, mag manches Widerwort evozieren. Bei Reinhard Witte beispielsweise, dem Direktor des Schliemann-Museums im mecklenburgischen Angershagen, der die Teamworx-Produktion eine „Räuberpistole“ nennt. Recherchefehler, dramaturgische Zuspitzungen, Geschichtsklitterung – die üblichen Vorwürfe halt, wenn das Unterhaltungsmedium Spielfilm in den Keller der Geschichte hinabsteigt.

Nun kann man natürlich argumentieren, dass es der spätmoderne Zuschauer ohnehin längst gewohnt ist, den historischen Kern von seiner marktgerecht ausgeschmückten Inszenierung zu trennen. Weswegen der Vorwurf in diesem Fall ein anderer sein muss: „Der geheimnisvolle Schatz von Troja“ spannt weder einen großen narrativen Bogen über das lose Fundament historischer Begebenheiten, noch findet er zu feinen erzählerischen Miniaturen. Es ist einfach ein wenig unterhaltsamer und in keiner Sekunde spannender Film. Und oft wirkt es, als habe das Hauptdarsteller Heino Ferch geahnt, wenn er in seiner kompakten Körperlichkeit aus der scherenschnittartigen Handlung auszubrechen versucht. Hier ein Handkantenschlag, dort der beherzte Sturz in den Wüstenstaub. Action soll das sein und ist doch bloß Aktionismus. Weshalb einem unwillkürlich zwei Namen in den Sinn kommen. Indiana Jones ist der eine, dieser Jäger des verlorenen Schatzes, dem Heino Ferch so überengagiert nachzueifern versucht. Karl May ist der andere, ohnehin ein Zeitgenosse Schliemanns und wie dieser ein Selbstdarstellungdränger. „Der geheimnisvolle Schatz von Troja“ könnte vom ersten bis zum letzten Bild den fabelhaften Geschichten Mays entnommen sein. „Durchs wilde Kurdistan“ eben, nur ein paar Kilometer weiter südlich. Und Heinrich Schliemann als ein Old Shatterhand der Archäologie.

Was die Bilder sonst noch zeigen, ist schnell erzählt. Perser mit Bärten und Pluderhosen, manche sind nett, die meisten niederträchtig. Eine junge, hübsche Griechin (Mélanie Doutey), die nicht schlüssig zu erklären vermag, warum sie sich im ersten Teil so hartnäckig gegen die arrangierte Ehe mit dem deutschen Antikenverehrer wehrt – nur um sich dann im zweiten Teil umso inniglicher in Schliemann zu verlieben. Und Max von Thun als kaiserlicher Bergbauingenieur, der noch einmal zeigt, was er schon in „Die Flucht“ bewiesen hat: Er hat die Gesetze des Kostümfilms begriffen. Und ist somit gemeinsam mit diesem Zweiteiler an einem Punkt angelangt, an dem das Fernsehen schon einmal war: in den Fünfzigerjahren. CLEMENS NIEDENTHAL