pfingstmontag in bremen
: Warten auf den Prozess

Vor genau fünf Jahren wurde der türkische Menschenrechtler Kadir Akbaba in Bremen erschossen

taz: Frau Venzky, am Pfingstmontag des Jahres 2002 wurde der türkische Menschenrechtler Kadir Akbaba erschossen. Was ist damals passiert?

Katharina Venzky, Hinterbliebene: Kadir war als Honorarkraft bei der Arbeiterwohlfahrt mit der Betreuung von älteren GastarbeiterInnen beauftragt. Bei einem Hausbesuch ist er in einen Ehestreit geraten, bei dem plötzlich eine Pistole mit im Spiel war. Der genaue Tathergang ist aber bis heute immer noch ungeklärt. Beide Eheleute schieben die Schuld auf den anderen.

Und so warten Sie auch seit fünf Jahren auf einen Prozess.

Ja. Für Herbst war ein Prozess bereits terminiert, aber nach Angaben des Gerichtes sind andere Prozesse eiliger, weil dort Beschuldigte in Untersuchungshaft sitzen. Für den Tod von Kadir saß nie jemand in U-Haft, obwohl das Ehepaar zunächst als „fremdgefährdend“ eingestuft wurde. Das ist besonders für die türkische Verwandtschaft schwer nachzuvollziehen. Zunächst wurde das Verfahren wegen fehlender Hinweise auf Fahrlässigkeit sogar ganz eingestellt.

Haben Sie schon einen neuen Prozesstermin?

Nein. Vielleicht wird die Sache nach der Sommerpause verhandelt, aber selbst da habe ich mittlerweile Zweifel.

Nun gereicht Ihnen auch zum Nachteil, dass die Tat an einem Pfingstmontag passierte.

Der Tod wurde nicht als Arbeitsunfall anerkannt, weil sich Kadir Akbaba im Sinne einer aufsuchenden Sozialarbeit mehr engagiert hat als vorgeschrieben – und die Leute auch an einem Feiertag zu Hause besucht hat. Wäre es an einem Werktag passiert, sähe die Sache anders aus. So aber zahlt die AWO keine Halbwaisenrente für Kadirs mittlerweile neunjährige Tochter.

Gehen Sie davon aus, dass die Tat ungesühnt bleibt?

Es wird sicherlich schwierig sein, die Schuldfrage zu beantworten, zumal beide Eheleute möglicherweise als schuldunfähig gelten. Trotzdem sollte endlich mal das Gerichtsverfahren anlaufen – um genauer zu klären, was an diesem Tag passiert ist. Das wird auch für Kadirs Tochter irgendwann ganz wichtig werden.

Fragen: Jan Zier