Das Prinzip Ebbe

Minister in Schleswig-Holstein wollen nach dem Bericht des Landesrechnungshofs überall sparen – nur nicht bei sich

Die Finanzminister der Bundesländer, die sich gestern in Husum trafen, waren sich einig: Trotz guter Steuereinnahmen muss der Sparkurs fortgesetzt werden. Besonders gilt das für das Gastgeberland: Der Landesrechnungshof in Schleswig-Holstein hatte seine neuesten Zahlen vorgelegt, und die ließen die Prüfer rot sehen. „Wir schwimmen nicht im Geld, sondern versinken in Schulden“, lautete das Fazit des Rechnungshof-Präsidenten Aloys Altmann.

Gespart werden könne überall, auch in Kernbereichen wie Justiz, Polizei und Bildung. Gleichzeitig rügte der Rechnungshof aber, dass Unterricht ausfällt, besonders in Fächern wie Musik oder Sport, wo Lehrkräfte fehlen. Das Bildungsministerium erklärte, der Kampf gegen Unterrichtsausfall sei ein „wesentliches Anliegen der Bildungspolitik“. Allein für Vertretungsstunden zahle das Land jährlich zwölf Millionen Euro.

Kritik übte der Rechnungshof auch am Sozialministerium. Dort habe man ungeprüft Mittel für den Bau von Behinderteneinrichtungen ausgeschüttet: 88,5 Millionen Euro seien für 90 Projekte vergeben worden. Gespart werden müsse auch bei der Justiz. Die Ministerien verteidigten ihre Töpfe sofort: Einsparungen in seinem Bereich seien „unverantwortbar“, es fehlten sogar Stellen, erklärte Justizminister Uwe Döring. Auch Kollegin Gitta Trauernicht aus dem Sozialressort nahm ihr Haus in Schutz: Die Zuschüsse würden rückwirkend überprüft, es sei auch schon Geld zurückgefordert worden.

Der Opposition fehlt weiterhin ein klares Sparkonzept: Der Landeshaushalt umfasse mehr statt weniger Stellen, kritisierte der Grüne Karl Martin Hentschel, der Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) lege zum Thema „Aufgabenabbau“ nur Stichwortzettel vor. Finanzminister Wiegard dagegen wertete den Rechnungshof-Bericht als Rückendeckung für seinen Kurs und setzte sich auch beim gestrigen Finanzministertreffen für die Haushaltskonsolidierung in allen Ländern ein.

Den Ort für ihre Zusammenkunft hatte die Runde der Finanzminister übrigens gut gewählt: An der Nordseeküste zeigt sich schließlich, wie schnell aus Flut wieder Ebbe wird.

Esther Geißlinger