Am Ende nur gefühlter Klimaschutz

Nach dem Treffen der Umweltminister aus den Industrie- und Schwellenländern wurde viel von optimistischen Signalen geredet. Trotz zweitägiger Debatte blieben konkrete Ergebnisse aus. Umweltschützer sprechen vom Gipfel der vertanen Chancen

VON NICK REIMER

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) müht sich um Optimismus: Als „gutes Signal für den G-8-Gipfel in Heiligendamm“ bezeichnete er das Umweltministertreffen in Potsdam, das am Samstag zu Ende gegangen war. Die Umweltminister der G-8-Staaten – USA, Kanada, Japan, Großbritannien, Frankreich, Italien, Deutschland und Russland – hatten mit den Kollegen der kommenden Wirtschaftsmächte China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika beraten, was für mehr Klimaschutz zu tun sei. Konkret beschlossen wurde aber wieder einmal nichts. Schlüsselländer wie die USA, Indien oder China vermieden weiterhin jegliche Zusagen zur Senkung ihrer Treibhausgas-Emission.

Dennoch will der deutsche Gastgeber ein Signal gehört haben. „Klartext“ sei miteinander geredet worden, so Sigmar Gabriels Bilanz. Der „politische Wille zur Problemlösung“ sei erkennbar, und „Einigkeit“ habe der Gipfel in wichtigen Punkten erzielt. Konkret heißt dies, ab sofort gibt es den Klimawandel nun auch in der Politik. „Alle Länder anerkannten die Ergebnisse der internationalen Klimaforschung“, so Gabriel. Alle hätten übereingestimmt, dass die Industrieländer besonders in der Pflicht seien. Gabriel: „Ich bin nach diesem Treffen zuversichtlich, dass wir Ende des Jahres in Bali in umfassende Verhandlungen über die Zukunft der Klimapolitik einsteigen können.“

In Bali wird die nächste UN-Klimakonferenz einen neuen Anlauf unternehmen, ein Post-Kioto-Regime zu installieren. Der bisherige Klimaschutzplan der Weltstaatengemeinde ist auf die Jahre 2008 bis 2013 begrenzt. US-Delegationsleiter Stephen Johnson dämpfte aber solchen Optimismus. Er wollte sich nicht darauf festlegen, dass die USA sich am zweiten internationalen Klimaabkommen nach Kioto beteiligen. Auch das größte Schwellenland, China, ließ offen, ob man sich dara beteiligen werde. Zunächst müsse ausgewertet werden, ob das Kioto-Protokoll erfolgreich gewesen sei, sagte der chinesische Delegationsleiter Xie Zhenhua.

Die Vereinten Nationen, die wie EU-Umweltkommissar Stavros Dimas nach Potsdam als Beobachter gereist waren, beurteilten das Treffen mit einem deutlich verhaltenen Resümee. „Es bildet sich gerade ein Gefühl dafür heraus, wie dringlich die Sache ist, und das gibt mir Zuversicht“, beschrieb der Chef des UN-Klimasekretariats, Yvo de Boer, den ergebnislosen Gipfel. Der Chef der UN-Umweltbehörde, Achim Steiner, sah ebenfalls Anlass zu Optimismus. Die Verhandlungen bräuchten jedoch weitere ein bis zwei Jahre Zeit. „Wir haben noch einiges an Hausaufgaben zu leisten.“ Der Deutschen Presseagentur sagte Steiner: „Jetzt muss noch mehr Fahrt aufgenommen werden.“

Die Kritik der Klimaschützer fiel dagegen deutlich aus. „Der Gipfel der vertanen Chance“, kommentierte etwa eine Sprecherin des Verkehrsclubs Deutschland. Wenn die G-8-Staaten ihrer Verantwortung für den Klimawandel gerecht werden wollen, gehört die internationale Kerosinsteuer dringend auf die Tagesordnung. „Es liegt in den Händen der Umweltminister, dafür jetzt ein Signal zu setzen“, erklärte VCD-Bundesvorsitzender Michael Gehrmann. Greenpeace-Sprecher Tobias Münchmeyer: „Das erhoffte Klimaschutz-Signal ist in Potsdam ausgeblieben.“ Die bündnisgrüne Europa-Politikerin Rebecca Harms sagte: „Wenn es konkret wird, dann kommt nur heiße Luft bei den G-8-Umweltministern heraus“. (mit ap)