AUS TUNIS
: „Sie können sich frei bewegen“

Tunesien ist das Land, aus dem die meisten internationalen Dschihadisten stammen. Seit der Revolution 2011 können sich die Salafisten frei bewegen und betätigen. Sie rekrutieren ihre Mitglieder vor allem in den armen Stadtteilen und im unterentwickelten Landesinneren. Sie haben dort Erfolg, wo die Arbeitslosigkeit am höchsten ist. Einige Gruppen organisieren die Reisen nach Syrien und Libyen. Als hier die islamistische Ennahda regierte, schritt niemand ein. Ennahda und die Internationale der Muslimbruderschaft, zu der sie gehört, glauben, dass die Dschihadisten dem syrischen Volk helfen, das Regime von Baschar al-Assad zu stürzen. Die Dschihadisten ziehen zu lassen, ist eine Strategie, die gleichzeitig den sozialen Druck in Tunesien verringert. Die Technokratenregierung, die Ennahda ablöste, hat damit begonnen, die Ausreise von Verdächtigen zu verhindern. Doch das kann meiner Ansicht nach nur eine vorübergehende Lösung sein. Wir brauchen einen langfristigen Plan, um die Bildung, das kulturelle Niveau und die soziale Lage der Bevölkerung zu verbessern. Außerdem ist der Kampf gegen den Dschihadismus ein Kampf um die Kommunikation. Seit dem Sturz Ben Alis ist das Internet völlig frei. So mancher nutzt diese Freiheit in einem schlechten Sinn. Ich glaube, dass das Innenministerium und das Kommunikationsministerium das Internet wieder kontrollieren sollten. R.W.

Moez Jemani war vor der Revolution Reporter des verbotenen Internetradios Kalima. Den Tag des Sturzes des langjährigen Diktators Ben Ali verbrachte er in Polizeigewahrsam. Heute arbeitet er frei und veröffentlicht regelmäßig auf www.correspondents.org