taz auf hochtouren
: Viel Potenzial für Klimaschützer

Die Diskussionsreihe „taz auf Hochtouren“ geht weiter. „Sind wir noch zu retten? Der nächste Krieg kommt“ fragen wir taz-UNO-Korrespondent Andreas Zumach und kompetente Gäste in Düsseldorf (4.6.), Dortmund (5.6.), Köln (6.6.) und Münster (7.6). Weitere Infos dazu im Internet unter www.taz.de/nrw und unter www.taz.de/blogs/nrwblog.

Es gibt eine gute Nachricht. Egal wen man fragt, ob eine Umweltpolitikerin von den Grünen, die NRW-Wirtschaftsministerin der CDU oder einen Gewerkschaftsexperten: Alle sind sich einig, das dringend etwas gegen den Klimawandel getan werden muss. Das ist der Minimalkonsens, der bei der Veranstaltungsreihe „taz auf Hochtouren“ in der vergangenen Woche erzielt wurde.

„Sind wir noch zu retten? Das Klima wandelt sich“ hat die taz in Bielefeld, Mülheim, Essen und Aachen gefragt. Und taz-Umweltredakteur Nick Reimer hatte die Debatte stets mit einer extrem schlechten Nachricht eröffnet: „Unser schönes Leben ist vorbei!“ Grund ist der dramatisch gestiegene Anteil von Kohlendioxid in der Atmosphäre. Doch noch kann der Klimawandel aufgehalten werden, meint Reimer. Einfache Lösungswege hat er in seinem Buch „Wir Klimaretter“ aufgezählt. Etwa das Verbot von Stand-by-Schaltungen für Elektrogeräte. Schon dadurch könnten drei Kraftwerke eingespart werden. Unumgänglich sei auch der Verzicht auf die in Deutschland geplanten 40 neuen Kohlekraftwerke. Und ein Tempolimit auf Autobahnen.

Spätestens hier war dann der Konsens mit den jeweiligen Diskussionspartnern beendet. Ein Tempolimit werde vielleicht kommen, meinte etwa Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU). Doch bringen würde es nichts. Viel effektiver sei „intelligentes Fahren“, zu dem man die Tempofans etwa durch Spritverbrauchsanzeigen motivieren könne. Auch würden Kohlekraftwerke als Übergangstechnolgie weiter gebraucht, glaubt Thoben, sonst „geht hier das Licht aus“. Der DGB-Experte für Strukturwandel, Stefan Pfeiffer, verwies auf die Arbeitnehmer, die man nur mit neuen Jobs am alten Standort zu gleichen Löhnen für einen radikalen Wandel begeistern könne. Und auch Svenja Schulze, Energieexpertin der SPD im Landtag, betonte immer wieder, dass man „die Leute“ mitnehmen müsse.

Mit „den Leuten“ argumentiert auch Bärbel Höhn (Grüne). Die einstige NRW-Umweltministerin möchte lieber heute als morgen den Energieriesen Eon, RWE, EnBW und Vattenfall die Stromnetze wegnehmen. Denn die vier Konzerne hätten sich als „Besatzungsmächte“ die Republik aufgeteilt. Um Veränderungen durchzusetzen, brauche es daher eine neue Umweltbewegung – etwa durch lokale Gruppen, die zunächst vor Ort gegen neue Kraftwerke protestieren und sich dann vernetzen.

Das Potenzial „der Leute“ sieht auch Nick Reimer. Schließlich haben 60 Prozent der Bundesbürger bei einer Umfrage angeben, dass sie zu einem Anbieter wechseln wollten, der nur Strom aus regenerativen Energiequellen, wie Windkraft, Solarzellen oder Wasserkraftwerken, bezieht. Hätte nur die Hälfte davon ihr Vorhaben umgesetzt, könnte sich keiner der vier großen Stromkonzerne mehr den Neubau weiterer Kohlekraftwerke leisten, meint Reimer. Doch erst 0,5 Prozent beziehen tatsächlich Ökostrom. Auch das kann man als gute Nachricht werten. Denn das Protestpotenzial ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft. GEREON ASMUTH