Torwarte machen dicht

Mit einem 41:36-Erfolg verhindert die SG Flensburg-Handewitt eine vorzeitige Meisterfeier des THW Kiel. Die Kieler müssen nun beim Saisonfinale gewinnen, um doch Erster zu werden

von RALF LORENZEN

„In der Hitze des Nordens“ ist der geplante Titel für ein demnächst erscheinendes Buch über die Rivalität zwischen den Handballhochburgen Flensburg und Kiel. Es hätte für das Buch keinen besseres Timing geben können – nach den jüngsten Flensburger Niederlagen im Pokal und im Champions League Finale wäre ein Sieg der Kieler in der Flensburger Campushalle am Samstag der Gipfel der Demütigung gewesen, hätte er doch den Kielern die vorzeitige Meisterschaft beschert. „Wenn nicht bei Euch, wo dann?“, fragte entsprechend frech ein Transparent der Kieler Fans.

Für die Flensburger ging es nicht nur um schnöde Revanche – sie brauchten den Sieg zur erneuten Qualifikation für die Champions League. Entsprechend konzentriert und hart gingen sie in die Partie und schnell 7:2 in Führung. Kiels Torjäger Nikola Karabatic wurde vom Flensburger Wachhund Michael Knudsen neutralisiert. Doch dass die Flensburger ihren erneut durch zahlreiche Ausfälle geschwächten Gegner bis auf eine kurze Phase nach der Halbzeit im Griff hatten, lag neben dem 11-fachen Torschützen Marcin Lijewski an den beiden Akteuren, die ihr letztes Heimspiel für die SG Flensburg-Handewitt absolvierten. In der 45. Minute wehrte Torwart Jan Holpert, der nach 21 Jahren der Handball-Bundesliga „Tschüss“ sagt, einen Siebenmeter ab, im direkten Gegenzug erzielte „Traktor“ Jochim Boldsen das 31:27, mit dem sich die Flensburger absetzten.

„Heute haben wir ein Torwartspiel gewonnen“, resümierte Flensburgs Trainer Kent-Harry Andersson. Der neue Flensburger Torwart Dan Beutler entnervte in der ersten Halbzeit die Kieler Angreifer mit 13 Paraden, und der kurz nach der Pause eingewechselte Jan Holpert spielte sensationelle letzte 20 Minuten, in denen er 42 Prozent aller Bälle abwehrte.

Einzig der Kieler Trainer Noka Serdarusic mochte nicht in das Loblied auf die Torhüter einstimmen. „Für die Würfe von Karabatic und Zeitz brauchte man keinen Weltklasse-Torhüter. Die hätte jeder gehalten“, grantelte er. Der THW muss im letzten Saison-Spiel für den Gewinn des Tripels aus Pokal, Champions League und Meisterschaft jetzt die HSG Nordhorn schlagen, da der HSV Hamburg durch einen 33:28 (13:15)-Heimerfolg über den TBV Lemgo wieder punktgleich ist. Für die Kieler spricht allerdings das um 96 Tore bessere Torverhältnis.

Die SG Flensburg-Handewitt hat sich mit dem Sieg praktisch für die Champions League qualifiziert, der dafür notwendige vierte Platz ist so gut wie sicher. Damit kann der Wunsch von Jan Holpert für das Saisonfinale in Großwallstadt am nächsten Samstag in Erfüllung gehen: „Ich will das letzte Spiel nur noch genießen. Die Wehmut kommt mit dem Schlusspfiff.“