Joe Cocker krächzt für Europa

Berlin feiert am Wochenende Europa. Hunderttausende Besucher werden beim „Europafest“ am Brandenburger Tor erwartet. Mit der „EU-Fanmeile“ erhoffen sich die Veranstalter einen ähnlichen Effekt wie bei der Fußball-WM

Es gibt die „Maastricht-Verträge“, den „Bologna-Prozess“ und die „Lissabon-Strategie“. Berlin ist bisher noch nicht in den (unrühmlichen) Genuss gekommen, nach einem Gipfel benannt zu werden. Dies wird ab Sonntag anders.

Denn schon jetzt ist klar, dass das Treffen der 27 EU-Staaten am Wochenende als „Berliner Gipfel“ in die Annalen gehen wird. Zum 50. Geburtstag der Unterzeichnung der Römischen Verträge – und damit der Gründung der Europäischen Union – kann sich der Berliner Gipfel dann auch noch mit dem Zusatz „Jubiläum“ schmücken.

Dies will die Bundesregierung ordentlich feiern. Neben dem offiziellen Festprogramm für die insgesamt 27 Staats- und Regierungschefs, unter anderem im Hotel de Rome nahe der Staatsoper und im Schlüterhof des Deutschen Historischen Museums, soll auch Otto Normalberliner in den Genuss der Feierlichkeiten kommen. Etwa mit der „Europa-Nacht der Schönheit“ zum Sonntag, bei der 14 staatliche Museen bis morgens um 2 Uhr geöffnet sind. „Wer ist der oder die Schönste?“ sollen sich die BesucherInnen dabei fragen. Zur Auswahl stehen zum Beispiel Nofretete, die griechische Bronzestatue der „Betenden Knaben“ und die Götter und Giganten auf dem Fries des Pergamonaltars. Installationen in allen Sprachen der 27 Mitgliedsländer sind geplant. Im Pergamonmuseum zeigt die Choreografin Sasha Waltz ihr Medea-Projekt.

Volltönender soll es auf der „Europäischen Clubnacht“ zugehen. Von 23 Uhr an legen in 35 Clubs rund 100 DJs Musik aus ganz Europa auf. Zudem wollen an diesem Abend 30 Bands auftreten – so viele wie sonst wohl nur bei der Fete de la Musique Ende Juni.

Sonntag ist dann der offizielle „Feier“-Tag. Im weit abgesperrten Zeughaus Unter den Linden setzen die Regierungschefs feierlich ihre Unterschrift unter die „Berliner Erklärung“, ein Dokument, das bis dahin noch erarbeitet werden muss. Zeitgleich dürfen sich beim „Europafest“ am Brandenburger Tor mehrere hunderttausend Besucher ähnlich wie während der Fußball-WM auf der „EU-Fanmeile“ austoben. Auftreten werden unter anderem die britische Rocklegende Joe Cocker, Gianna Nannini aus Italien, die dänische Hiphop-Band Outlandish und die Blue Man Group. Zudem wird es eine „Reise quer durch Europa“ geben, die unter anderem durch 75 Zelte führen wird. Krönender Abschluss: ein glanzvolles Feuerwerk am späten Abend über dem Brandenburger Tor.

Für Protestorganisator Mario Sperling ein Grund dafür mehr, dass ihre Demoroute auch wirklich auf dem Pariser Platz am Brandenburger Tor endet (siehe Text oben). Denn: „Joe Cocker darf auch ich mir nicht entgehen lassen.“ FELIX LEE