… DIE JVA TEGEL?
: Ihren Zweitältesten verlieren

Der Mann mit den kurzen, weißen Haaren war wohl ein ruhiger Geselle. Fast 39 Jahre saß Adolf Elgert in der JVA Tegel – so lange wie kaum ein anderer der 1.500 Inhaftierten. Aber Insassenvertreter? Knastzeitung? Gefangenentheater? Habe er überall nicht mitgemacht, heißt es aus der Justiz. Dabei hätte Elgert auch längst einfach gehen können: Seit 20 Jahren widersprach er jeder Bewährung. Weil er unschuldig sei, wie er stets beteuerte. Am Sonntag ist Elgert verstorben.

Für einen Raubmord an einer 71-jährigen Neuköllnerin wurde der damals arbeitslose Metzger 1973 zu Lebenslang verurteilt. Elgert bestritt die Tat, belastete einen Bekannten. Die Richter glaubten ihm nicht. Seitdem sammelte der zweifache Vater mehr Jahre im Knast als in Freiheit – in einer 8-Quadratmeter-Zelle, mit gelben Gardinen und Blümchenbettwäsche. Den Kontakt zur Familie soll er vor Jahrzehnten abgebrochen, seine Zeit mit Lotto, linken Schmökern und Hasch vertrieben haben. Erst wenn der Staat ihn unschuldig erkläre und sich entschuldige, werde er gehen, sagte Elgert. Der Staat schwieg.

In der letzten Woche wurde der 68-Jährige wegen einer plötzlichen Erkrankung ins Krankenhaus gebracht, wo er wenige Tage später starb. Nun muss ein Knastkollege einsam als Rekordhalter in Tegel herhalten: ein 76-Jähriger, der seit 42 Jahren inhaftiert ist. KO Foto: ap