Genugtuung in Delmenhorst

In seiner ersten Evaluation hat das vor zehn Jahren gegründete Hanse-Wissenschaftskolleg in Delmenhorst recht ordentlich abgeschnitten. Der Wissenschaftsrat fordert jedoch ein schärferes Profil sowie mehr Geld aus Bremen und Niedersachsen

Die Formulierungen sind diplomatisch gehalten, alles klingt sehr positiv in der gestern vorgestellten Evaluation des Hanse-Wissenschaftskollegs (HWK). Wie in einem richtigen Arbeitszeugnis eben, in diesem Falle ausgestellt vom Wissenschaftsrat. „Es hat die ihm übertragenen Arbeiten zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt“ stünde in diesem Zeugnis vielleicht, das Ganze würde damit als „befriedigend“ durchgehen. Doch offiziell vergibt der Wissenschaftsrat – oberstes Beratungsorgan des Bundes und der Länder in Wissenschaftsfragen – keine Noten. Dafür, dass das HWK eine „kleine Einrichtung mit einem beschränkten Auftrag ist“, sagt sein Generalsekretär Wedig von Heyden, macht es „seine Sache gut“. Mit großen und international renommierten Einrichtungen indes könne es nicht konkurrieren.

Aufgrund seiner „angesehenen“ Leistungen und der bisher „positiven Entwicklung“ empfiehlt der Wissenschaftsrat den Ländern Bremen und Niedersachsen, das in Delmenhorst bei Bremen ansässige HWK „weiter zu fördern“, finanziell jedoch besser auszustatten. Das Stiftungsvermögen des zehn Jahre alten HWK beläuft sich auf 2,3 Millionen Euro, zudem haben die 22 MitarbeiterInnen 2005 159.000 Euro an Drittmitteln eingeworben. Die Schwerpunkte der wissenschaftlichen Arbeit liegen bislang im Bereich der Neuro- und Kognitionswissenschaften, der Meeres- und Klimaforschung sowie den Sozialwissenschaften.

Diese Schwerpunkte hätten sich „bewährt und sollten beibehalten werden“ schreibt der Wissenschaftsrat nun – und fordert vom HWK zugleich ein, bei seiner Arbeit „noch sichtbarer als bisher eigene Akzente zu setzen“. Das Profil des Kollegs müsse geschärft werden, findet die Expertenkommission, die im vergangenen Jahr zu Besuch war, die fachlichen Schwerpunktgebiete jeweils „mit mindestens einem wissenschaftlichen Mitarbeiter“ besetzt werden. Bislang sind von 22 Stellen 15 mit nicht-wissenschaftlichem Personal besetzt. Zwischen 2003 und 2005 waren zudem 123 GastwissenschaftlerInnen in Delmenhorst tätig, 56 davon aus dem nicht-europäischen Ausland. Künftig müssten diese „Fellows“ allerdings stärker auf Grund „aussagekräftiger“ Bewerbungen eingeladen werden, sagt der Wissenschaftsrat.

Dem geplanten Ausbau der Materialwissenschaften stehen die ExpertInnen skeptisch gegenüber: Man solle damit abwarten, bis die bestehenden Schwerpunkte „angemessen finanziert“ und auch an den benachbarten Unis in Bremen und Oldenburg fachlich entwickelt seien.

Gründungsrektor Gerhard Roth, zugleich Präsident der Studienstiftung des deutschen Volkes, zeigte sich zufrieden mit seinem Zeugnis. Es erfülle ihn „mit Genugtuung“, dass man auch in einer Stadt wie Delmenhorst, umgeben von vergleichsweise jungen Universitäten, „eine ungewöhnliche akademische Einrichtung mit weltweiter Ausstrahlung“ aufbauen könne. JAN ZIER