Weltweiter Milchdurst lässt den Preis steigen

Der Deutsche Bauernverband will die EU-Milchquoten abschaffen, damit Großbetriebe Nachfrage stillen können

BERLIN taz ■ Zinn, Kupfer, Erdöl – und Milch. Chinas Hunger wächst. „Ein Glas Milch zur Stärkung unseres Volkes“, rief der chinesische Konsumentenverband schon vor Jahren aus – die Konsumenten folgten. Das freut jetzt den Deutschen Bauernverband (DBV). Und er hat damit ein Argument für sein neuestes politisches Ziel. „Die EU-Milchquotenregelung sollte in der agrarpolitischen Mottenkiste verschwinden“, forderte gestern der DBV-Milchexperte Udo Folgert.

Die Milchquoten sind zwar bis 2015 noch von der EU festgelegt. Regierung und EU-Agrarministerrat sollten aber schon jetzt „eine klare Entscheidung fällen“, so Folgert – und die Regelung nicht verlängern. Denn Betriebe, die wachsen wollten, würden durch sie gehemmt.

Mitte der 1980er-Jahre hatte die EU die Quotenregelung eingeführt. Milchseen und Butterberge sollten abgebaut werden. Für jeden deutschen Betrieb ist seitdem festgeschrieben, wie viel Milch er produzieren darf. Betriebe, die eine höhere Menge absetzen wollen, als es ihnen eigentlich erlaubt ist, müssen Quoten zukaufen.

Der Bauernverband wünscht sich einen Markt mit weniger Einmischung durch die Politik – gerade jetzt, da der Milchpreis nach vielen Jahren erstmalig wieder steigt: Mit den Molkereien hat der Lebensmitteleinzelhandel in diesen Wochen Preiserhöhungen von 15 Prozent je Liter Milch ausgehandelt. Rund 7 Cent werden das für den Verbraucher in Deutschland an Mehrkosten sein. In den vergangenen Jahren haben etliche Milchbauern ihre Produktion eingestellt. Nun ist die Ware knapp. Zugleich wächst die Nachfrage, sowohl in Europa als auch in Asien. Konkurrenz gibt es für die europäischen Bauern laut DBV kaum: Neuseeland und Australien, bislang wichtige Lieferanten, könnten die steigende Nachfrage nicht bedienen. Und die USA konzentrierten sich derweil auf die Produktion für Biosprit. „Das sind gute Botschaften für den mitteleuropäischen Raum“, sagt Folgert.

Nur: Nicht alle Bauern werden an den Exporterfolgen teilhaben können, sollten die Quoten fallen. Größere Betriebe tun sich leichter, für geringere Preise große Mengen zu produzieren, als kleinere. Das ist auch dem DBV-Experten klar: „Es wird einen Strukturwandel geben.“

Diesen Strukturwandel will die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Deutschland (ABL) nicht hinnehmen. Sie hält es für falsch, nur auf den Export zu setzen. Deutschland ist zwar der größte Milchproduzent der EU. US-amerikanische und kanadische Betriebe könnten aber noch billiger produzieren, erklärt Ulrich Jasper von der ABL. Er plädiert dafür „die Milchquoten zu erhalten“. Damit der „Weltmarkt nicht den Preis bestimmt“. Und die kleinen Betriebe auch künftig noch mithalten können.

In einer Umfrage des Hessischen Bauernverbandes haben sich denn auch 64 Prozent der hessischen Milcherzeuger für die Beibehaltung der Quote ausgesprochen. Für die Abschaffung plädierten allein die Betriebe, die vergleichsweise viel Milch produzieren. CHRISTINE ZEINER