Ohne Gott kein Job

In Hamburg klagt eine Frau gegen das Diakonische Werk, die sich um eine Stelle bewarb und abgelehnt wurde, weil sie nicht der christlichen Kirche angehört. Seit Inkrafttreten des Antidiskriminierungsgesetzes sind solche Fälle sehr umstritten

Die katholische Religionslehrerin Angelika L., die das Bistum Hildesheim im vergangenen April gekündigt hatte, darf nun weiterarbeiten. Das Bistum lenkte nach einem Schlichtungstermin ein und kündigte die Weiterbeschäftigung der 53-Jährigen aus Braunschweig an. Grund der Kündigung war gewesen, dass die katholische Religionslehrerin auch evangelische Religion und andere Fächer an einer Gesamtschule unterrichtet hatte (taz berichtete). Vom kommenden Schuljahr an soll Angelika L. nun nicht mehr an ihrer angestammten Schule, sondern an anderen Schulen im Raum Braunschweig eingesetzt werden, teilte das Bistum mit. Über die Einzelheiten der Schlichtung wurde nichts bekannt. TAZ / DPA

VON ELKE SPANNER

Wer in der Kirche einen Glauben verkündet, etwa als Pastorin oder Kardinal, muss dieser Glaubensrichtung auch angehören. Wie aber verhält es sich mit sonstigen Mitarbeitern kirchlicher Organisationen: Muss Christin sein, wer bei der Diakonie im Büro arbeiten will, oder Katholik, wer sich in einem Kindergarten der Caritas als Gärtner bewirbt? Die Frage ist hoch umstritten, seit vorigen August das Antidiskriminierungsgesetz in Kraft getreten ist. Das Hamburger Arbeitsgericht hat nun einen Präzedenzfall auf dem Tisch: Eine fachlich qualifizierte Pädagogin hatte sich beim Diakonischen Werk um eine Stelle beworben – und eine Ablehnung bekommen, weil sie als Türkin mit muslimischem Hintergrund keiner christlichen Kirche angehört. Die Frau fühlte sich diskriminiert und zog vor Gericht.

In der Stellenausschreibung hatte die Diakonie, größter Sozialträger in Hamburg, eine Sozialpädagogin für ein Projekt zur beruflichen Integration von Migrantinnen und Migranten gesucht. Das Projekt wird von der Europäischen Union gefördert. Die gesuchte Pädagogin sollte einerseits die Fachinformationen auf der Diakonie-Homepage betreuen, andererseits in fachlichen Gremien mitarbeiten. Neben der inhaltlichen Qualifikation verlangte das Diakonische Werk die Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche.

Die Klägerin, eine 40-jährige Deutsche türkischer Herkunft, schickte fristgerecht ihre Bewerbungsunterlagen ein. Die stießen auf Interesse: Sie erhielt einen Anruf der Diakonie, in dem sie nach ihrer Religionszugehörigkeit gefragt wurde. Die Bewerberin erwiderte, dass sie keine Religion praktiziere, als gebürtige Türkin aber einen muslimischen Hintergrund habe. Die Frage, ob sie sich den Eintritt in die christliche Kirche vorstellen könnte, verneinte sie. Kurz darauf bekam sie ihre Unterlagen zurück.

Bevor das Antidiskriminierungsgesetz (AGG) in Kraft getreten ist, wäre die Rechtslage eindeutig gewesen: Eine kirchliche Organisation konnte von ihren Mitarbeitern bedingungslos die Zugehörigkeit zu ihrer Religion verlangen. Ausnahmen hat das Diakonische Werk zwar selbst gemacht, wenn das für das Profil einer bestimmten Stelle sinnvoll war: So arbeiten beispielsweise in Kindergärten mit einem hohen Anteil an Migrantenkindern auch muslimische ErzieherInnen. Grundsätzlich aber ist im Kirchlichen ArbeitnehmerInnentarifvertrag (KAT) ohne Ausnahme die Zugehörigkeit zur christlichen Kirche zur Bedingung erklärt, und den wendet die Diakonie in Hamburg konsequent an. Im neuen Antidiskriminierungsgesetz aber steht, dass niemand wegen seiner Religion benachteiligt werden darf.

Eine Ausnahme ist nur zulässig, wenn die Weltanschauung „unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt“. Darauf beruft sich die Diakonie: „Nach unserer Auffassung wirken alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unabhängig von ihrer konkreten Aufgabe an der Erfüllung des diakonischen Auftrags mit“, sagt eine Sprecherin.

So pauschal aber geht es Juristen zufolge mit dem AGG nicht mehr. „Der Umstand, dass der Arbeitgeber ein kirchlicher Träger ist, reicht allein nicht aus“, sagt Peter Stein, Mitverfasser des „Bremer Kommentar“ zum AGG: „Hinzukommen müsste eine kirchliche Prägung des konkreten Projektes“. Auch laut Sebastian Busch, dem Rechtsanwalt der Klägerin, darf Kirchenzugehörigkeit nur verlangt werden, wenn die Tätigkeit selbst in engem Bezug zum Glauben steht. Habe die ausgeschriebene Stelle keinen Bezug zum religiösen Verkündungsauftrag, dürfe die Mitgliedschaft in der Kirche keine Bedingung sein. Natürlich könnte die Diakonie von ihren Mitarbeitern verlangen, sich „loyal und aufrichtig“ zu ihrem religiösen Selbstverständnis zu verhalten. Mehr aber allerdings nicht.

Unterstützung bekommt Busch von Klaus Bertelsmann, Rechtsanwalt und Mitherausgeber des Bremer Kommentars. Im hier infrage stehenden Fall habe sich die Frau „nicht als Papst beworben“, stellt er klar. Er gibt zu bedenken, dass die Personalpolitik der Diakonie sogar dem Sinn des Projektes entgegenlaufe, für das sie eine Mitarbeiterin gesucht hat: Immerhin habe es sich um ein Projekt zur beruflichen Integration von Migranten gehandelt – und Migranten, die nicht der erwünschten Glaubensrichtung angehören, seien davon ausgeschlossen. Außerdem wird das Equal-Projekt von der EU finanziert. Und laut Bertelsmann „widerspricht es der Europapolitik, selbst zu diskriminieren“.