UNBEKANNTE MITMIETER
: Hausbesuch

Die Legionäre sind nie gekommen

Mehrmals im Jahr lässt man wildfremde Menschen in die eigenen vier Wände. Handwerker, Gas,- Strom- und Heizungsableser. Vor einiger Zeit kündigte meine Hausverwaltung den Besuch zweier Herren an, die für eine Firma arbeiten, mit der ich noch nicht das Vergnügen hatte. Es ging um eine gesetzlich vorgeschriebene Kontrolle: eine Legionellenprüfung. „Zu diesem Termin müssen gleichzeitig an den entferntesten Stellen der Leitungen jeweils im Vorderhaus, Seitenflügel und Hinterhaus Probeentnahmen durchgeführt werden“, schrieb die Hausverwaltung. „Es muss Zutritt zum Badezimmer (Waschbecken oder Dusche) gewährt werden.“

Am Vorabend habe ich das Waschbecken und die Wanne besonders gründlich gesäubert. Für die mir unbekannten Herren sollte das Bad besonders sauber sein. Außerdem sollten sich die eventuell vorhandenen stäbchenförmigen Bakterien möglichst unwohl fühlen. Nachdem ich im Internet herausgefunden hatte, dass die für Erkrankungen des Menschen bedeutsamste Legionellenart die Legionella pneumophia ist, der Erreger der Legionärskrankheit, gab ich den Prüfern bereits vor ihrem Besuch den Spitznamen Legionäre. Sie sollten ja auch bei mir feindliche Angriffe abwehren.

Nur sind die Legionäre nie gekommen. Auch die Hausverwaltung ließ in dieser Angelegenheit nichts mehr von sich hören, obwohl sie es gewesen war, die mich über ihre gesetzliche Pflicht der Legionellenprüfung informiert hatte. Stattdessen teilte sie mir vor einigen Tagen mit, dass meine Miete um 12,10 Euro erhöht werden soll. Ich habe noch etwas Zeit, mein Einverständnis zu geben. Sind die Legionäre vielleicht deshalb nicht erschienen, damit die Hausverwaltung die Beherbergung von Legionellen extra berechnen kann? Jeden Morgen stelle ich mir nun die Frage, ob ich möglicherweise nicht allein unter der Dusche bin. BARBARA BOLLWAHN