Die Koalition will prüfend sich bemühen

ROTGRÜN (3) Weiter so wie bisher, das ist die heimliche Botschaft des Koalitionspapiers zur Sozialpolitik. Kleine Ausnahmen gibt’s aber doch – zum Beispiel soll die Sprachförderung früher beginnen als bisher

Bei Bremens „dramatischer Haushaltslage“ die Schwächeren im Blick zu behalten, haben sich SPD und Grüne vorgenommen: Aber was heißt das genau? Die taz checkt in loser Folge einzelne Kapitel des Koalitionsvertrages.

■  Heute: Folge 3 – Sozialpolitik

■ Erschienen: „Sparen bei der Polizei“ – Innenpolitik (23.6.), „Undenkbares Bremen“ – Kulturpolitik (21.6.)

In dem 139-seitigen Entwurf für die Koalitionsvereinbarungen zwischen SPD und Grünen, die an diesem Wochenende auf der Tagesordnung der Parteitage von SPD (25.6.) und Grünen (27.6.) stehen, kommt das Wort „prüfen“ 46-mal vor, das Wort „überprüfen“ 17-mal. Das zeigt, wie vage der Text bleibt. In allgemein gehaltenen Beschreibungen wird oft nur skizziert, was schon gemacht wird. Bei einer Koalition, die schon seit vier Jahren die Chance hat, ihre Ziele umzusetzen, ist das vielleicht nicht anders zu erwarten.

Für den Bereich des zukünftigen Ressorts für Soziales und Frauen sind es drei Punkte, an denen neue Akzente versprochen werden: Die Sprachförderung für Migrantenkinder soll früher beginnen, jedenfalls soweit sie in die Kita gehen. Die Betreuung der Unter-Dreijährigen soll finanziell besser ausgestattet und die Angebote der verschiedenen Ressorts sollen mit denen des Sozialressorts „noch besser verzahnt“ werden.

Ansonsten beschreibt das Kapitel das, was schon unter Senatorin Ingelore Rosenkötter politisch gewollt war. „Lebenschancen sind ungleich verteilt“, beginnt der Abschnitt gleich recht prosaisch, „die Politik muss überall dort eingreifen, wo Menschen in ihren Lebenschancen beeinträchtigt oder sie von Teilhabe ausgeschlossen werden.“ Dass das nicht „überall dort“ möglich ist, wird auf den zwölf Seiten deutlich. Immerhin soll es den „Armutsbericht“ weiterhin geben, „damit wir die Wirksamkeit unserer Politik überprüfen können“.

Einige Merkwürdigkeiten enthält das Papier. So will der Senat „prüfen“, ob es eine Schuldnerberatung auch für diejenigen geben sollte und könnte, „die über kein ausreichendes Einkommen verfügen“.

Da ein „gesichertes Aufenthaltsrecht“ wichtig ist für die Chancen auf Integration, will der Senat „die Zahl der Menschen, die unter dem Aufenthaltsstatus der Duldung zu leiden haben, weiter reduzieren“. Auf welchem Weg – Abschiebung oder Papiere – wird nicht erklärt.

Um die frühkindliche Bildung zu stärken, sollen „entsprechende Fachkräfte zusätzlich zu den Erzieherinnen und Erziehern“ eingesetzt werden – zu deren Ausbildung offenbar der Erwerb dieser Fachkompetenz nicht gehört. Denen wird „Weiterbildung“ versprochen, damit sie „den neuen Qualifikationsanforderungen“ entsprechen.

Bemühen will sich die Koalition schließlich, den „bundesgesetzlichen Regelanspruch“ auf Betreuung Ein- bis Dreijähriger ab 2013 zu erfüllen: Um den Bedarf „möglichst decken zu können“, werde man „alle Anstrengungen unternehmen, Plätze bereitzustellen.“ Je nach Interessenlage kann sich die Koaliton später aufs Wort „alle“ oder das Wort „möglichst“ berufen. kawe