Nicolas Sarkozy im Dauerwahlkampf

Frankreichs neuer Präsident wirbt um Stimmen für seine UMP bei den Parlamentswahlen im Juni. Umfragen sagen den Konservativen einen hohen Sieg voraus. Derweil versuchen die Spitzenpolitiker der Sozialisten Einigkeit zu demonstrieren

AUS PARIS DOROTHEA HAHN

Kaum gewählt, macht Nicolas Sarkozy bereits wieder Wahlkampf. Bei einer „republikanischen Versammlung“ in Le Havre forderte der permanente Kandidat am Dienstagabend 5.000 UMP-AnhängerInnen auf, seiner Partei auch bei den Parlamentswahlen am 10. und 17. Juni eine Mehrheit zu geben. Begründung: der „Immobilismus einer Kohabitation“ müsse vermieden werden.

Der Wahlkampfauftritt zugunsten der UMP in Le Havre ist ein doppelter Bruch: Einerseits mit den Usancen von Jacques Chirac und François Mitterrand, die sich mit ihrem Einzug in den Élysée-Palast aus dem Parteiengeschäft zurückgezogen haben. Andererseits mit einem Versprechen, das Sarkozy selbst am 6. Mai abgegeben hatte. An jenem Wahlabend erklärte er feierlich: „Ich werde der Präsident aller Franzosen sein.“

Bei seiner Regierungsbildung für die vier Wochen Übergangszeit zwischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen machte Sarkozy eine geschickte „Öffnung“ zur Linken und zum Zentrum. Unter anderem setzte er Wendehälse aus der PS als Außenminister (Bernard Kouchner) und als Europastaatssekretär (Jean-Pierre Jouyet) ein und machte einen Zentrumspolitiker zum Verteidigungsminister (Hervé Morin). Alle drei Politiker hatten noch im Präsidentschaftswahlkampf Stimmung gegen Sarkozy gemacht und sollen jetzt bis zu den Parlamentswahlen ihren eigenen Parteien die WählerInnen abwerben oder sie zumindest gründlich anekeln, dass sie gar nicht erst wählen gehen. Politisch droht Sarkozy von den Wendehälsen in seiner Übergangsregierung keine Gefahr: Sowohl die Außen- und Europapolitik als auch die Verteidigungspolitik sind letztinstanzlich Domänen des Staatspräsidenten.

Am 17. Juni wird eine neuerliche blaue Welle über Frankreich schwappen. Darauf deuten sämtliche Meinungsumfragen hin. Sarkozys UMP, die seit 2002 die absolute Mehrheit im Parlament hat und die Regierung stellt, wird dabei voraussichtlich eine noch breitere Basis bekommen. Das erwarten auch führende SozialistInnen. „Seien wir realistisch“, sagt die unterlegene Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal, die bereits von der kommenden „Oppositionsrolle“ der PS sprich. Dominique Strauss-Kahn sagt ebenso defätistisch: „Es wird sehr schwer werden.“

Bei einem als groß gewollten Wahlkampfauftakt ihrer Partei am Dienstagabend traten Royal, Strauss-Kahn und Laurent Fabius erstmals seit vielen Monaten gemeinsam auf. Die drei standen nebeneinander auf der Bühne des „Zénith“ in Paris und demonstrierten eine Einigkeit an der Spitze der PS, die Royal bei den Präsidentschaftswahlen bitter gefehlt hat. Der mit 5.000 SozialistInnen gefüllte Saal glaubte die neue Einigkeit nicht. Die AnhängerInnen spendeten Royal fünf Minuten stehend Beifall und riefen „Merci Ségolène“. Die Reden der beiden „Elefanten“, die nach Ansicht vieler Basis-SozialistInnen den Wahlsieg von Royal verhindert haben, waren von Anfang bis Ende von Pfeifkonzerten begleitet.

Hinter der Fassade gehen in der PS die erbitterten Konkurrenzkämpfe weiter. Im 20. Pariser Arrondissement, einer Hochburg, wo die Präsidentschaftskandidatin Royal mehr als 62 Prozent der Stimmen bekam, treten bei den Parlamentswahlen zwei SozialistInnen gegeneinander an. George Pau-Langevin ist die offizielle Kandidatin der Partei. Noch bevor die Poster, die für eine Stimmabgabe für sie werben, getrocknet sind, werden sie in diesen Tagen von anderen Postern überklebt. Sie werben für einen anderen Sozialisten. Michel Charzat, der scheidende Abgeordnete, bewirbt sich gegen den Willen der Partei erneut.