Greenwashing ist ein guter Anfang

Von wem stammen folgende Zitate? „Wir haben uns das Ziel gesetzt, weltweit Spitzenreiter im Umweltschutz zu werden.“ Oder: „Ohne mehr Investitionen in Effizienz und Technologien mit niedrigem CO2-Ausstoß riskieren wir einen potenziell katastrophalen Klimawandel.“ Antwort: aus den Nachhaltigkeitsberichten von VW und Shell.  Kann Kapitalismus etwa öko? Man stelle sich vor, Shell verzichtet auf Ölbohrungen in der Arktis – und der Aktienkurs steigt. Schön wär’s. Dabei wünschen viele Bosse genau das. Sie wollen an der Börse performen und reden ständig über Nachhaltigkeit. Offenbar ist nur das System so schrecklich zu ihnen: immer diese Quartalsberichte …  Man kann den CEOs sogar ohne Weltrevolution helfen: mit dem Marsch durch die Bilanzen. Greenwashing ist der Anfang. Am Ende sehen Investoren in Heller und Pfennig die Kosten für Umweltverbrauch und Verschwendung als Kostenfaktor vor sich. Peter Bakker beispielsweise, Chef des World Business Council of Sustainable Development, in dem sich inzwischen mehr als 200 multinationale Konzerne zusammengetan haben, forderte kürzlich bei einer Tagung: „Es wird hart für alle. Aber: Wir müssen die externen Kosten internalisieren. Wir müssen aufhören, den Planeten zu verschmutzen und nicht den Preis dafür zu bezahlen.“ Also: Konzerne müssen die sozialen und ökologischen Folgekosten für ihr Handeln selbst tragen. Arschlöcher gehen schlicht pleite.  Das ist keine Utopie, sondern geschieht längst. Dafür gibt es entsprechende Standards. Sie tragen Namen wie Carbon Disclosure Project, Global Reporting Initiative oder Sustainability Accounting Standards Board. Die Anfänge sind noch bescheiden: Die kanadische Beratungsfirma Corporate Knights Capital hat kürzlich die 4.609 größten börsennotierten Unternehmen der Welt untersucht. Nur 128 bilanzierten konsequent die Minimalanforderungen derartiger Standards, gaben also Auskunft über die Fluktuation von Mitarbeitern, ihren Ausstoß an Klimagasen, ihren Energieverbrauch, Arbeitssicherheit, Wasserverbrauch und Müllproduktion. Bald dürften es wesentlich mehr werden: Ab 2017 müssen alle Unternehmen in Europa mit mehr als 500 Mitarbeitern derartige Zahlen liefern.  Überraschung: Das ist sogar richtig gut für die Rendite. Unter den 500 im Dow Jones notierten Konzernen sind laut einer Studie des Carbon Disclosure Project mit Abstand diejenigen am profitabelsten, die aktiv Klimaschutz betreiben – weil sie eine intelligente Unternehmenskultur haben.  Ergo alles öko im Kapitalismus? Hm. Selbst in der schönen neuen Bilanzwelt baut Volkswagen immer noch viel zu viel Autos, in die das in der Arktis gewonnene Öl von Shell gekippt wird. INGO ARZT