Wankende Macht

USA Suche nach der verlorenen Kombination

VON PETER ZYGOWSKI

Die wahre Trendwende in der Wahrnehmung der Deutschen findet auf dem Fußballplatz statt. In den USA gewannen die Deutschen bei den Umfragen im Vorfeld einer Fußball-WM traditionell schon vor dem Anpfiff den ersten Titel – als unsympathischstes Team des Turniers. Doch im Jahr 2010 wurde der deutsche Fußball in den höchsten Tönen als erfrischend kreativ und wegweisend gelobt.

Was für die deutschen Männer gilt, trifft seit geraumer Zeit auch auf die Frauen zu. Women’s Soccer Made in Germany wird in den USA hoch gehandelt – was auf den ersten Blick verwundern mag, gelten doch die USA als Mekka des Frauenfußballs. Hier spielen neun Millionen Frauen und Mädchen Fußball, der WM-Titel wurde zweimal, olympisches Gold dreimal gewonnen. Mia Hamm ist auch nach Abschluss ihrer glanzvollen Karriere eine Werbe-Ikone und Vorbild. Die Profiliga WPS zieht Stars aus aller Damen Länder in die USA.

Als die Forderung der Frauen nach Gleichberechtigung in den USA Ende der 60er Jahre immer lauter wurde, schritt der Sport voran. Seit 1972 schreibt ein Gesetz vor, dass an den Universitäten, wo in den USA Sport und akademisches Studium bekanntermaßen eine gleich wichtige Rolle spielen, Männerteams keine höheren finanziellen Zuwendungen erhalten dürfen als Frauenteams. Dies förderte den Frauensport immens und löste im Soccer einen wahren Boom aus.

Heute jagen in den USA mindestens genauso viele Mädchen wie Jungen dem Ball hinterher. Meist stammen sie aus der weißen Mittelschicht der Vororte. Doch diese oh-so-europäisch angehauchte sportliche Betätigung ist für viele Familien bitterer Ernst. Das Hobby soll sich lohnen: Wenn die Schulnoten nicht ausreichen, kann das fußballerische Talent für ein lukratives Stipendium sorgen.

Doch zogen am jahrzehntelang blauen Himmel des amerikanischen Frauenfußballs dunkle Wolken heran. Die Qualifikation zur WM 2011 konnte nur im letzten Moment gesichert werden. Der Profiliga stehen schwere Zeiten bevor, da selbst Clubs, die Stars wie die Brasilianerin Marta in ihren Reihen haben, Konkurs anmelden müssen. Der Fußball gilt als immer unansehnlicher, da Athletik und körperliche Fitness betont und die technischen Fertigkeiten vernachlässigt wurden. Gesucht werden nun Straßenfußballerinnen, die sich ihre Gewandtheit auf Bolzplätzen aneignen – und diese Talentsuche führt hinaus aus dem weißen Suburbia in die mexikanischen Barrios der Großstädte.

Der Erzrivale Deutschland wird in dieser Krisensituation plötzlich zum großen Vorbild. Hier glauben die Coaches eine Kombination von Dynamik, Spielwitz und technischer Finesse vorzufinden, die im amerikanischen Frauenfußball verloren gegangen ist. Die WM 2011 wird zeigen, welcher Spielstil sich durchsetzen wird. Für die amerikanischen Goethe-Institute wird die WM zu einem speziellen Ereignis. Auf der Webseite www.goethe.de/stepintogerman findet der jugendliche Fußballfan WM-Wissen und lernt die deutsche Sprache mit Videos und Podcasts, die um den Fußball kreisen – und die ein Land präsentieren, das sehr viel mehr zu bieten hat als alte Schlösser und Kuckucksuhren.

Peter Zygowski, geboren 1956, seit 25 Jahren „Language Consultant“ des Goethe-Instituts San Francisco