Thema der Zeit

Die Atomkraft, die Grünen, die Konzerne

■ betr.: „Konzerne wollen Kohle“, taz vom 20. 6. 11

Wo bleibt die Bewegung der Empörten in unserem Land gegen die uns alle schädigende Macht der Banken und Energiekonzerne?

Diese unkontrollierten, vom Staat geduldeten und geförderten Hauptmächte unserer Gesellschaft müssen umgehend entprivatisiert und unter öffentliche Verfügung und Kontrolle gestellt werden.

Nicht Facebook-Partys sind gefragt! Überfällig sind große Zusammenkünfte empörter Bürger, um Druck zu machen gegen die Diktatur der Banken und Energiekonzerne. JOHANNES PETRICH Wardenburg

■ betr.: „Clinch an der Energie-front“, taz vom 17. 6. 11

Die Regierung beugt sich der Macht der Energiekonzerne. Deshalb wird die Förderung von Windanlagen an Land und von kleinen Solar- und Biogasanlagen gekürzt. Dass erneuerbare Energien Grund der Preiserhöhungen sind, ist ein Märchen: An den Strompreiserhöhungen der letzten 10 Jahre haben die konventionellen Energien einen Anteil von über 80 Prozent. Der Strompreis an der Börse ist aufgrund der Zunahme des erneuerbaren Stroms von 2008 bis 2010 von 12 auf 6 Cent gefallen. In diesem Jahr ist er wegen der Abschaltung von AKWs um ca. 15 Prozent gestiegen, liegt also noch weit unter dem Preis von 2008. ARTUR BORST, Tübingen

■ betr.: „Grüne jetzt Dafür-Partei“, taz vom 18./19. 6. 11

Die Grünen stehen als Teil der Anti-Atom-Bewegung vor dem größten politischen Erfolg dieses Bürgerprotestes. Dass diese Partei ohne Not ihren Erfolg aus der Hand zu geben droht, vor einer Zerreißprobe in zweierlei Hinsicht steht, ist wohl der unberechtigten Sorge der Parteispitze geschuldet, man könne bei Ablehnung der Merkel-Mogelpackung im Atomgesetz wieder darauf reduziert werden, als reine „Dagegen-Partei“ diffamiert zu werden.

Also stellt die Parteispitze mit dem Leitantrag klar, dass die Grünen jetzt eine „Dafür-Partei“ sind, die einem breiten überparteilichen Energiepolitik-Konsens folgt – auch wenn die Partei dabei allenfalls noch als Aktentaschenträgerin der Kanzlerin wahrnehmbar ist. Die Grünen wären bei Annahme dieses Leitantrags beim Parteitag also dafür, dass Atomkraftwerke fünf Jahre länger laufen, als es diese Partei bisher selbst fachlich eingeschätzt hat, und sieben Jahre länger, als es Greenpeace als seriöser alternativer Energieversorger für erforderlich erhält.

Die Grünen wären damit dafür, dass die Gefahren aus dem Betrieb und aus der noch größeren strahlenden Abfallmenge, für die es keine sichere Lagerungsmöglichkeit gibt, länger und verschärfter erhalten bleiben. Sie wären dafür, eine risikoreiche „kalte“ AKW-Reserve als zuschaltbaren Energiepuffer vorzuhalten. Sie wären auch dafür, die erneuerbaren Energien nur unzureichend auszubauen und hinter den Erfordernissen der Energiewende zurückzubleiben.

Die Parteispitze führt die Grünen in eine Zerreißprobe, weil sie nicht daran glaubt, dass dem Bürger ein schnellerer und konsequenterer Ausstieg als Gegenentwurf zum Merkel-Atomgesetz vermittelbar wäre. Sie kehren der außerparlamentarischen Antiatombewegung den Rücken und reichen möglichen zukünftigen Koalitionspartnern schon jetzt die Hand. HANS-PETER HOPP, Riepsdorf

■ betr.: „Widerstand gegen grünes Ja“, taz vom 23. 6. 11

Dem Protest und der Kritik aus den Reihen der gesamten Anti-Atomkraft-Bewegung schließe ich mich an.

Immer wieder wird gesagt und informiert, dass der Ausstieg sogar schon bis 2017 möglich ist und nicht erst 2022.

Was soll also diese Kehrtwende der Grünen-Spitze mit diesem verräterischen Leitantrag an den Parteitag der Grünen?

Meine Stimme erhält Ihre Partei im September 2011 jedenfalls nicht, wenn dieser verräterische Leitantrag Ihrer Parteispitze aufrechterhalten bleibt.

Meine Haltung wird sich auch nicht während der „Sommerpause“ ändern und die überraschend eingenommene Haltung der Parteispitze wird nicht vergessen sein nach dem Motto: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“

Weder „Fukushima 2011“ wird von mir vergessen und auch nicht fünfundzwanzig Jahre „Tschernobyl 1986“.

Ich wähle im Herbst 2011 nämlich nicht nur kommunalpolitisch, sondern auch bundespolitisch und sogar europapolitisch! GERDA FÜRCH, Berlin

■ betr.: „Grüne jetzt Dafür-Partei“, taz vom 18. 6. 11

Lieber Herr Trittin, ich habe ein Problem mit Ihnen und Ihren Kollegen der Grünen-Spitze. Sie gebärden sich im Bundestag als die radikalsten Atomaussteiger – und dann empfehlen Sie die Zustimmung zu diesem wachsweichen Merkel’schen Abschaltplan? Im Jahr 2022 (wenn es denn so tatsächlich kommt)!

Sie hatten mal den Sofortausstieg gefordert. Und damit viele Wähler geködert, manchen verschreckten auch wiedergewonnen. Ich persönlich habe dafür vor gut zehn Jahren massenhaft Plakate bei uns im Kreis geklebt, war dort viele Jahre lang der grüne Vorturner. „Sofortausstieg!“ … Und dann der wachsweiche „Atomkonsens“. Und nun – déjà vu?

Meine Gründe für den damaligen Austritt aus den Grünen sind wieder ganz präsent. So wie mir geht es vielen aus der wieder erstarkten Anti-Atom-Bewegung. Die Grünen waren wieder dabei, sich dazuzurechnen. Wollen Sie all das aufs Spiel setzen? Wie gesagt, ich kenne die Grünen und ihre Motivationen aus dem Effeff, von innen heraus. Ich kenne Ihre Machtkalküle und Grenzgänge zwischen Macht und Basis nur zu gut. Ich spüre wieder, wie Sie sich von momentanen Höhenflügen betören lassen.

Zeigen Sie mal Rückgrat – für die Interessen der Bewegung! Zerschlagen Sie nicht wieder das mühsam gekittete Porzellan! Keine Zustimmung zum Merkel-Plan! EGBERT BIALK, Koblenz

■ betr.: „Brauchen wir jetzt mehr Kohle?“, Sonntaz vom 18. 6. 11

Die BefürworterInnen des weiteren Betriebs von Braunkohlekraftwerken in Brandenburg haben offenbar bislang nicht darüber nachgedacht, dass bei einem rationelleren Primärenergieeinsatz auch die Braunkohlekraftwerke in Deutschland schrittweise abgestellt werden können: Vom bundesweiten Erdgaseinsatz in Höhe von etwa 900 Terawattstunden (TWh) entfallen rund 600 TWh auf die Beheizung von Gebäuden. In den üblichen Heizungen wird die Kraft, die im Gas steckt, völlig ineffizient nur in Wärme umgewandelt.

Wenn es gelingt, die 600 TWh im Verlauf der nächsten 15 Jahre größtenteils in die energieeffiziente Kraftwärmekopplung zu lenken, dann könnten außer der notwendigen Wärme für Heizungen und die Warmwasserbereitstellung zusätzlich 200 TWh Strom produziert werden.

Alle Braunkohlekraftwerke in Deutschland haben im letzten Jahr demgegenüber nur 140 TWh Strom produziert – in Verbindung mit gewaltigen Abwärmeverlusten und Kohlendioxid-Emissionen. Mit einem forcierten Ausbau der Kraftwärmekopplung kann die CO2-neutrale Energiewende gelingen – auch wenn Atomkraftwerke und Braunkohlekraftwerke abgestellt werden. NIKOLAUS GEILER, Freiburg

■ betr.: „Konzerne wollen Kohle“, taz vom 20. 6. 11

So, so, die Energiemonopolisten wollen vor dem Verfassungsgericht ihr „Eigentumsrecht“ einklagen. Hoffentlich geht der Schuss nach hinten los und das Gericht räumt dem Allgemeinwohl eine höhere Priorität ein. Das wäre für eine kommende ökologisch-soziale Bundesregierung eine willkommene Einladung, die Strukturen des Energiemarktes endlich umwelt- und verbraucherfreundlich zu entflechten. JENS KOTULLA, Mannheim

■ betr.: „„Konzerne wollen Kohle“, taz vom 20. 6. 11

Lasst uns eine Riesenkampagne starten und die derzeitige Anti-Atom-Stimmung nutzen:

Voller Boykott aller Konzerne, deren „Unterfirmen“ und Leistungen, die noch Geld machen wollen aus einer Sache, die weltweite Relevanz hat!

Stellen wir diese Konzerne an den Pranger!

Aktionen vor den Firmenzentralen, aufdecken aller Machenschaften usw. Wer Wind sät …

ANDREAS HAUERWAAS Rehlingen

Seit Fukushima sind die Verhältnisse in der Energiepolitik und auf dem Energiemarkt durcheinandergeraten. Die Anti-Atom-Bewegung zeigte sich in einer Stärke wie lange nicht mehr. Selbst in der Kleinstadt Lörrach im südwestlichen Winkel der deutschen Landkarte fand im März mit 1.500 Teilnehmern die größte Demonstration seit den 1980er Jahren statt. Und in Bad Kissingen wagten sich zwei Protestler mit einem Transparent auf den Marktplatz.

Jetzt macht Merkel auf Atomausstieg. Die Grünen-Parteiführung stimmt Merkel zu. Die Energiemonopole wollen (natürlich) klagen.

Vor dem Parteitag der Grünen an diesem Wochenende gibt es nun Sorge, dass sie zur „Dafür-Partei“ wird. LeserInnen fordern den Aufstand gegen die Parteispitze – und gegen die Konzerne.