Konjunktur hilft Rot-Rot

Auf dem Arbeitsmarkt gibt es kleine Zeichen der Besserung. Joblosen-Quote liegt erstmals seit Jahren unter 16 Prozent. Senatorin Knake-Werner freut weniger Jugendarbeitslosigkeit, Opposition übt Kritik

von ULRICH SCHULTE

Die Arbeitssenatorin ist des Lobes voll. Für sich selbst. „Erstmals seit vielen Jahren sind in Berlin weniger als 16 Prozent der Menschen arbeitslos gemeldet“, äußerte sich Heidi Knake-Werner (Linkspartei) gestern fast euphorisch per Pressemitteilung. Und betrieb auch gleich Ursachenforschung in eigener Sache: „Ursächlich sind dafür neben der üblichen saisonalen Belebung und dem anhaltenden Wirtschaftsaufschwung auch die großen Anstrengungen des Senats in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik.“

Tatsächlich sind im seit Jahren daniederliegenden Jobmarkt kleinere Besserungszeichen auszumachen. Die Zahl der Menschen ohne Arbeitsplatz ist im Mai auf den niedrigsten Stand seit November 2000 gesunken. 268.306 Menschen waren arbeitslos gemeldet, also knapp 3.000 weniger als im April. Dennoch bewegt sich die Arbeitslosenquote in der Hauptstadt weiter auf dem gewohnt hohen Niveau: Sie liege aktuell bei 15,5 Prozent, teilte die Regionalstelle der Agentur für Arbeit gestern mit.

Mehr Ausbildungsplätze

Besonders bei der Jugendarbeitslosigkeit machte Knake-Werner einen Hoffnungsschimmer aus. Der weitere Rückgang um 18,6 Prozent bei den unter 25-Jährigen auf knapp 25.800 Arbeitslose gegenüber dem Vorjahr sei „besonders erfreulich“, so die Arbeitssenatorin. „Wir halten an dem Ziel fest, allen Jugendlichen eine angemessene Ausbildung oder eine berufliche Qualifizierung anzubieten.“

Durch ein Bund-Länder-Sofortprogramm stelle der Senat 3.000 zusätzliche Ausbildungsplätze zur Verfügung, zudem versuche die Landesregierung mit verschiedenen Programmen die Ausbildungsfähigkeit von jungen Migranten und von Jugendlichen mit geringen Schulkenntnissen zu verbessern. „Alle SchulabgängerInnen brauchen gute Chancen für ihren Start ins Erwerbsleben“, betonte Knake-Werner.

Die Opposition sieht die Arbeitsmarktdaten naturgemäß kritischer. Zwar zeigte sich auch CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger erfreut über die abnehmenden Arbeitslosenzahlen. Er habe aber die Sorge, dass sich die Hauptstadt weiter von der positiven Bundesentwicklung abkoppele, so der CDU-Mann weiter. Berlin sei bereits jetzt im Vergleich mit anderen Bundesländern „Schlusslicht beim Aufschwung“.

Ähnlich argumentiert der Arbeitsmarktexperte der FDP, Rainer-Michael Lehmann: „Noch immer ist am Berliner Arbeitsmarkt keine strukturelle Besserung in Sicht.“ Die Stadt sei „lediglich Trittbrettfahrer der bundesweit anziehenden Konjunktur“. Leider profitiere Berlin weit unterdurchschnittlich. Für Lehmann ist klar: „Mit seiner investitionsfeindlichen Politik vergrößert der Senat den Abstand zu anderen Bundesländern stetig.“

Im Februar 2007 waren in Berlin und Brandenburg knapp 1,75 Millionen Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. In Berlin hatten Ende Februar rund 1,03 Millionen einen sozialversicherungspflichtigen Job. Die meisten neuen Stellen gab es im Dienstleistungsgewerbe sowie im Bereich Erziehung und Unterricht. Vom Arbeitsplatzabbau betroffen waren vor allem das verarbeitende Gewerbe und – wegen des rot-roten Sparkurses – die öffentliche Verwaltung. Bundesweit sank die Zahl der offiziell registrierten Jobsuchenden gegenüber April um 161.000 auf nun 3,8 Millionen.

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