Niedersachsen will auf die Überholspur

INKLUSION Ministerpräsident David McAllister verspricht ein Gesetz zum gemeinsamen Unterricht für behinderte und nicht-behinderte Kinder, wie ihn die UN-Behindertenrechtskonvention vorsieht

CDU-Bildungspolitiker Klare erwartet, dass sich Eltern auch weiterhin für Sonderschulen entscheiden

Ein Gesetz zur inklusiven Beschulung in Niedersachsen hat Ministerpräsident David McAllister noch für 2011 angekündigt. Bislang ist das Land bundesweites Schlusslicht beim gemeinsamem Unterricht behinderter und nicht-behinderter Kinder: Weniger als fünf Prozent der betroffenen Kinder besuchen dort allgemeine Schulen, im Bundesschnitt sind es fast 15 Prozent.

Bereits 2009 hat Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet, die unter anderem inklusiven Unterricht vorsieht. Konkrete Zeitangaben zur Umsetzung in Niedersachsen waren von Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) nie zu hören. Dagegen hat Ministerpräsident McAllister die UN-Konvention jetzt zum „besonderen Anliegen“ ausgerufen.

Im Oktober soll nach den Plänen der schwarz-gelben Regierungsfraktionen eine entsprechende Novelle des Schulgesetzes in den Landtag eingebracht werden. Die soll vor allem die Wahlfreiheit der Eltern festschreiben: Ab dem Schuljahr 2012/13 könnten sich Eltern behinderter Kinder im Grundschulalter für eine Regel- oder Sonderschule entscheiden, ab 2013/14 auch beim Wechsel auf weiterführende Schulen. Die sogenannten Förderschulen sollen nach den bisherigen Plänen in Niedersachsen erhalten bleiben. Das benachbarte Bremen hingegen, das die Inklusion 2009 als erstes Bundesland in seinem Schulgesetz verankert hat, will sie sukzessive auflösen.

„Wir legen großen Wert auf das Wahlrecht“, sagt der CDU-Bildungspolitiker Karl-Heinz Klare. Er geht davon aus, dass sich Eltern auch weiterhin für Sonderschulen entscheiden – die seien „ein hoch akzeptiertes System“ gewesen. Lehrer müssten fortgebildet, Eltern beraten werden, erklärt Klare die zögerliche Umsetzung der UN-Konvention: „An den Schulen sehen nicht alle die Integration behinderter Kinder als Bereicherung.“

Der Sozialverband Deutschland hat indes erklärt, McAllister „beim Wort zu nehmen“ und Unterstützung angeboten. Niedersachsens Landesbehindertenbeauftragter Karl Finke fordert, alle Formen von Behinderung einzubeziehen. „Es darf keine Ausgrenzung unter den Ausgegrenzten geben“, sagt er. THA