heute in bremen
: Signale aus der Wirklichkeit

Heute übersetzt ein Neurophysiker der Uni Bremen die Sprache unseres Gehirns

taz: Herr Pawelzik, wie kann man die Sprache unseres Gehirns technisch überhaupt übersetzen?

Klaus Pawelzik, Neurophysiker: Wir verstehen immer besser, wie Signale, die wir aus der Umwelt wahrnehmen, codiert werden und wie diese unser Verhalten erzeugen. Wir übersetzen das, indem wir das tun, was unser Gehirn auch tut: Wenn ich die Regel kenne, nach der ein Bild, das ich sehe, übertragen wird, dann kann ich dem Signal ansehen, was die Person gesehen hat. Mit dem Verhalten ist es genauso.

Ist die Wirklichkeit also nicht nicht mehr als ein elektrisches Signal, interpretiert von unserem Verstand?

Für jedes Individuum ist das so. Aber die Wirklichkeit ist etwas, was nicht für ein Individuum existiert, sondern zwischen Subjekten ausgetauscht wird. Wir unterhalten uns darüber, dass wir uns den Fuß an dem Tisch gestoßen haben. Aber der andere, der mit mir spricht, ist für mein Gehirn auch nur ein Signal.

Das klingt alles sehr entmystifizierend.

Ja.

Kann man da noch an den freien Willen glauben?

Diese vielleicht frustrierende Erfahrung haben wir als Kinder schon mal gemacht, wenn wir spielenderweise mit Steinen auf etwas geworfen haben. Und dann gelernt haben, dass das alles von den Newtonschen Gleichungen beschrieben wird. Selbstverständlich haben Elektronen, die um Atomkerne herumschwirren, keinen freien Willen. Und wenn wir aus Atomen bestehen, dann haben wir auch keinen. Aber für unseren Alltag spielt diese Beschreibung keine Rolle. Der freie Wille ist für das menschliche Dasein und unser tägliches Verhalten sehr entscheidend. Das sind unterschiedliche Realitäten. Die Grundfrage liegt seit gut 2.000 Jahren offen. Seitdem ist wenig Neues passiert.

Was bedeutet Ihre Forschung für den Alltag?

Der Geschmack des Basilikums in meiner Suppe ist nicht übersetzbar in physikalische Begriffe. Was aber übersetzbar ist, ist die Bewegung Ihres Armes, der die Suppe löffelt. Fragen: Jan Zier

Vortrag: 15.15 Uhr, Überseemuseum