Wenn Reisen bildet

Wer eine zweite oder dritte Sprache spricht, ist besser vor Arbeitslosigkeit geschützt. Ein Weg dahin sind Sprachreisen. Fachverband gibt Tipps zu Fördermöglichkeiten und klärt über Risiken auf

VON MART-JAN KNOCHE

Das Beherrschen einer Fremdsprache schützt vor Arbeitslosigkeit? Sicher: Allein diese Fähigkeit garantiert noch nicht den Arbeitsplatz. Aber die Analysten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DWI) haben schon 2003 ermittelt, „dass Fremdsprachenkenntnisse auch für Niedrigqualifizierte eine wichtige Zusatzqualifikation sind“. Mehr noch: dass Menschen, die keine Zweit- oder Drittsprache sprechen, hierzulande öfter nach Arbeit suchen als die Mehrsprachler.

Die Ursache liegt in einem alle Sprachgrenzen überwindenden Wirtschaftssystem, in einer zunehmend internationalisierten Dienstleistungsindustrie. Längst werden hier vertiefte Fremdsprachenkenntnisse als universale „Schlüsselqualifikation“ für den Beruf gehandelt. Kein Wunder ist es also, dass die Sprachbildung außerhalb der Schule für die nächste ArbeitnehmerInnengeneration zunehmend an Bedeutung gewinnt. Längere Auslandsaufenthalte vor dem Abitur, während des Studiums oder der Berufsausbildung und Sprachreisen liegen im Trend.

Der Fachverband Deutscher Sprachreise-Veranstalter (FDSV) schätzt die Zahl der Sprachreisenden in der Bundesrepublik auf 160.000 Personen pro Jahr. Ein Viertel davon sind Schüler, von denen wiederum neunzig Prozent in englischsprachige Länder verreisen. „Immer mehr Eltern erkennen in Sprachreisen eine Fördermöglichkeit,da der Schulunterricht allein es nicht schafft individuell auf die Kinder einzugehen“, berichtet Neil van Siclen, der in Bremen ein Sprachreisebüro betreut. Und viele der Eltern dadurch auch Unterrichtsausfälle auffangen.

Eine Hürde stellt für viele Familien die Finanzierung der Sprachförderung ihrer Kinder dar. Auslandsaufenthalte sind kostspielig. Es existieren jedoch eine Vielzahl unterschiedlicher Fördermöglichkeiten. Für ein High-School-Jahr ihrer Sprösslinge könnten Eltern Auslands-BAföG für Schüler beantragen, sagt van Siclen. Stipendien für Austauschprogramme in den USA vergebe das Parlamentarische Patenschafts-Programm (PPP). Es umfasse die Reise- und Programmkosten sowie die notwendigen Versicherungskosten. Nur für das Taschengeld kommt PPP nicht auf.

Ein Auslandsstudium oder mehrmonatige Auslandspraktika während des Studiums könnten über das Auslands-BAföG für Studierende finanziert werden oder über das Stipendien-Programm Leonardo da Vinci. Auch Unternehmen in der freien Wirtschaft bezahlen Aufenthalte im Ausland. „Sponsoring“, sagt Neil van Siclen, nenne sich diese recht neue Form der Förderung, die immer mehr Studierende – aber auch Jugendliche in der Berufsausbildung – für ihr Vorhaben nutzen. „Firmen, die international operieren, finanzieren ihren Auszubildenden die Aufenthalte, um später von den Auslandserfahrungen des Nachwuchses zu profitieren.“

Aber auch Studienabsolventen würden sich oft erfolgreich für gesponserte Auslandspraktika bewerben. „Nach ihrer Rückkehr geben sie dafür den hiesigen Mitarbeitern Fortbildungsseminare.“

Für die klassischen mehrwöchigen Sprachreisen während der Schulferien hingegen gibt es keine Fördermöglichkeiten. Aber warum nicht den geplanten Urlaub mit einer solchen verknüpfen? Die Reisen kosten zwar ein wenig mehr, bieten aber oft ein gehaltvolles Sprach- und Freizeitprogramm für die Jugendlichen. „Malta ist eines der beliebtesten Reiseziele“, sagt van Siclen. Neben dem Unterricht in professionellen Sprachschulen würden vielerlei Aktivitäten angeboten, „um den Jugendlichen den Zugang zu der Sprache zu erleichtern“.

Natürlich könnten die Reisen nur eine Hilfestellung sein und kein vermasseltes Schuljahr ersetzen, sagt der Bremer Sprachreisen-Spezialist. „Aber es werden Hemmschwellen abgebaut. Wenn sie zurückkommen, gehen die Kinder meist entspannter in den Englischunterricht, sind motivierter und haben mehr Spaß.“

In jedem Fall sollten Eltern, die eine Sprachreise buchen wollen, auf gewisse Qualitätsstandards der Veranstalter achten. „Eine Reisegarantie ist sehr wichtig“, sagt van Siclen. „Denn oft werden Gruppenreisen angeboten und kurzfristig mangels Teilnehmer einfach storniert.“

Wichtige Tipps zum Thema liefern zudem der Ratgeber des FDSV und die Broschüren des Vereins Aktion Bildungsinformation (ABI), der sich seit Jahrzehnten mit der Qualitätssicherung von Sprachreisen befasst.

weitere Informationen: www.fdsv.de, www.abi-ev.de