DER KOMMENTAR

Bushs Klimapolitik ist Atomkraftschutz

Jetzt ist der Klimaschutz also sogar in Washington angekommen. Präsident Bush will Ziele über die CO2-Reduktion vereinbaren. Keine bindenden Ziele, versteht sich. Konkret ist nur eines an Bushs Vorstoß: In technologischen Lösungen liege das Heil. Investitionen in klimafreundliche Technologien sollen gefördert, Handelszölle abgebaut werden. Ein Förderprogramm für die US-Industrie also.

Welche Technologien gemeint sind, hat Bush auch gesagt: „saubere“ Kohlekraftwerke und „saubere, sichere Atomkraft“. Schon jetzt sind in den USA zahlreiche AKWs in Planung dank eines von der Bush-Regierung durchgesetzten Fördergesetzes.

Die EU steht bereits zum Teil in Bushs Lager. Tony Blair lobte dessen Vorstoß als „einen riesigen Schritt vorwärts“. Gerade erst hatte der britische Industrieminister eine Energiestrategie vorgelegt, die den Neubau von AKWs zur Bekämpfung des Treibhauseffekts fordert. Frankreich setzt sowieso auf Atomkraft, und der neue Präsident Sarkozy will noch mehr davon. Dazu passt, dass im unlängst vorgestellten UN-Klimabericht ausdrücklich auch Atomkraft als Möglichkeit genannt wird, den CO2-Ausstoß zu senken.

Dass die globale Erwärmung mittlerweile auf allen politischen Ebenen und sogar in Washington ernst genommen wird, ist nicht zuletzt ein Erfolg der Umweltbewegung. Doch diese darf sich nun nicht davon einlullen lassen, dass Deutschland mit alternativen Energietechnologien umweltpolitisch korrekte Erfolge auf dem Weltmarkt feiert. Weltweit läuft die Klimapolitik in eine andere Richtung. Die Umweltbewegung muss Bush und Blair schleunigst die Initiative entreißen. Sonst droht Klimaschutz für die Umwelt zum Pyrrhussieg zu werden – und zum weltweiten Sieg für die Atomindustrie. NICOLA LIEBERT