Saarlands Genossen wollen linker werden

Lafontaine will 2009 an der Saar antreten. Die SPD fürchtet Wählerverluste – und denkt über einen Linksruck nach

SAARBRÜCKEN taz ■ Oskar Lafontaine, der designierte Bundesvorsitzende der vor der Vereinigung stehenden Linken, schreckt die SPD auch im Saarland auf. Das ehemalige Enfant terrible der deutschen Sozialdemokratie hat verkündet, bei den Landtagswahlen 2009 in seinem Heimatland als Spitzenkandidat seiner neuen Partei antreten zu wollen. Schon die Ankündigung sorgt nun für Panikattacken bei den Genossen um Partei- und Landtagsfraktionschef Heiko Maas.

Schließlich glaubt nicht nur der Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Hans-Kurt Hill, fest daran, dass die „neue linke Kraft“ mit dem ehemaligen sozialdemokratischen Ministerpräsidenten und Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Saarbrücken als Listenführer 2009 ein Ergebnis von „deutlich über 20 Prozent“ erzielen könne. Auch die professionellen Auguren prophezeien der Linkspartei schon heute ein Ergebnis von wenigstens 13 Prozent. Sollten es auch die Grünen wieder in den Landtag schaffen, ist der Weg zurück an die Macht für die SPD in ihrem einstigen Stammland nur in einem Bündnis mit der Linkspartei zu bewältigen. Und auch die Grünen müssten mitziehen.

Einige Genossen an der Saar können sich so etwas vorstellen. Die Parteiführung aber sieht dies anders. Auch Bundesparteichef Kurt Beck (SPD) lehnt eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei weiter kategorisch ab. Ob sich dieser Kurs im Saarland durchhalten lässt, ist noch ungewiss.

Denn bei der SPD im Saarland gebe es noch immer „glühende Anhänger von Lafontaine“, hatte die sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete Elke Ferner schon vor einem Jahr konstatiert. Da war die Frauenrechtlerin aus Saarbrücken noch stellvertretende Bundesvorsitzende ihrer Partei. Beck gab ihr jetzt den Laufpass. „Sozialdemokraten aus dem Saarland spielen heute auf Bundesebene keine Rolle mehr“, spottete die CDU in dieser Woche – auch mit Blick auf Maas, der in Berlin wenig einflussreich ist.

Ganz anders steht Lafontaine da. Er ist selbst auf dem Landesparteitag der saarländischen SPD an diesem Wochenende permanent präsent – in den Köpfen der Delegierten. Denn die Genossen stehen ratlos am politischen Scheideweg: Soll sich ihre Partei im Saarland linker als die Linkspartei gerieren? Oder ist der Kurs der Bundespartei unter Beck der ideale Weg, auch an der Saar?

Letzteres glauben offenbar nur wenige Sozialdemokraten im Saarland. Die Partei verliert massiv an Mitgliedern. Rund 500 Menschen pro Jahr kehren der SPD dort den Rücken, vor allem aus Verärgerung über bundespolitische Entscheidungen, räumte Parteisprecher Thorsten Bischoff gestern auf Nachfrage der taz ein. Zwei bekannte Betriebsräte der IG Metall waren die prominentesten Abgänge.

Die Parteilinke jedenfalls hat jetzt erst einmal durchgesetzt, dass sich die SPD in ihrem Grundsatzprogramm, das sie auf dem saarländischen Parteitag diskutieren will, als „linke Volkspartei“ zu definieren habe – und nicht als „Partei der solidarischen Mitte“. So steht es im Entwurf. Beck wird das nicht gefallen. Und der politisch eher gemäßigte Maas sieht sich in einer schwierigen Lage. Denn der Parteitag könnte auch gegen Kampfeinsätze der Bundeswehr votieren – eine Herzensangelegenheit der Linkspartei. Das wäre ein Affront gegen den Kurs der Bundespartei, aber vielleicht auch das einzige wirksame Mittel gegen Lafontaine, der „die Ideale der Sozialdemokratie verraten“ und seit Jahren nur „Kontinuität in der Illoyalität“ gezeigt habe, wie Maas schon nach der grandios verlorenen Landtagswahl 2004 angemerkt hatte. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT