OFF-KINO

Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Das gerade wiedereröffnete Filmmuseum Potsdam veranstaltet an Halloween eine „Lange Metropolis Nacht“ – allerdings ohne Fritz Langs Stummfilmklassiker. Auf dem Programm stehen statt dessen „Die Reise nach Metropolis“ (2009), eine Dokumentation über die Restaurierung von Langs immer wieder schwer verstümmeltem Film, sowie zwei von „Metropolis“ inspirierte Science-Fiction-Werke: Ridley Scotts „Blade Runner“ (1982), der eine altmodische Detektivgeschichte in einem eindrucksvollen SF-Stadtdekor (Bauten: Douglas Trumbull) erzählt, sowie der retrofuturistische japanische Anime „Robotic Angel“ (2001) von Regisseur Rintaro, der in einer Kombination aus Computeranimation (Hintergründe) und traditioneller zweidimensionaler Handzeichnung (Figuren) den „Metropolis“-Comic des Manga-Großmeisters Osama Tezuka verfilmte. Durch eine Ober- und mehrere Unterwelten bewegen sich das Robotermädchen Tima und ihr Freund Kenichi auf ihrer Flucht vor den Häschern eines Großindustriellen, der Tima für seine Pläne zur Eroberung der Welt benötigt. Zwischen Art-déco-Fassaden, Industriekomplexen und kühlen Schneelandschaften entwickelt sich dabei auch die melodramatische Story eines schrecklichen Selbsterkenntnisprozesses: Als Tima erkennt, dass sie kein Mensch, sondern ein Android ist, beschließt sie die vollständige Vernichtung von Metropolis – die Rache eines Roboters an den vermessenen Zukunftsträumen der Menschen von gestern (31. 10. Filmmuseum Potsdam).

Dass sich das kommerzielle italienische Fernsehen gemeinhin als ziemlich abstruse Freakshow darstellt, treibt Federic Fellini in seiner Satire „Ginger & Fred“ (1985) noch auf die Spitze. Denn in der Weihnachtsshow eines Privatsenders treten hier unter anderem auf: ein seniler Admiral, mehrere Doppelgänger, die niemandem ähnlich sehen, eine Kuh mit 18 Zitzen, der Hersteller des essbaren Slips – sowie Amelia und Pippo, ein ältliches Tanzpaar, das in den 1940er-Jahren Ginger Rogers und Fred Astaire imitierte und nun noch einmal einen großen Auftritt haben soll. Doch inmitten dieser Welt von Müll und Reklame, in der sich niemand für die beiden Tänzer noch überhaupt für ein Mindestmaß an Unterhaltungsqualität interessiert, haben die beiden Varietékünstler es schwer, ihre Würde zu bewahren. Dabei ist der Film vor allem eine Hommage an Fellinis wichtigste Darsteller: sein ewiges Alter Ego Marcello Mastroianni, der Pippo als Synthese aus genialem Fabulierkünstler, resigniertem Rebellen und heruntergekommenem Großkotz gibt, und Giulietta Masina als Amelia, die sich auch in fortgeschrittenem Alter den Blick eines staunenden Kindes bewahrt hat (OmU 2. 11. Babylon Mitte).