Ein pointenreicher Abend

ÜBERRASCHUNG Der finanziell schwer angeschlagene Drittligist Arminia Bielefeld bezwingt Hertha BSC Berlin im Elfmeterschießen und zieht ins Achtelfinale des DFB-Pokals ein

Positiv und überregional von sich reden machen würde die Arminia insgesamt gerne wieder häufiger, nach Jahren eher ragischer Geschichten

AUS BIELEFELD MAIK ROSNER

Es ist einiges zusammengekommen an diesem außergewöhnlichen Pokalabend des Drittligisten Arminia Bielefeld. Norbert Meier hat sich dennoch für eine weniger überraschende Deutung entschieden. Dabei weiß der Trainer vermutlich, dass nicht nur der Fußball, wie er befand, sondern beispielsweise auch der Handball, Basketball oder überhaupt das Leben solche Geschichten schreibt. „Heute ist viel aufgegangen“, sagte er.

Meier bezog sich nach dem verdienten Einzug ins Achtelfinale durch ein 4:2 im Elfmeterschießen gegen den Bundesligisten Hertha BSC auf eine ganze Reihe kurioser bis glücklicher Begebenheiten, die diesen kleinen Coup am Dienstag ermöglicht hatten. Zum Beispiel auf die Geschichte des Marc Lorenz, der wochenlang gar nicht im Kader gestanden hatte, nun aber in der 118. Minute eingewechselt worden war und wenig später den entscheidenden Elfmeter verwandelte. Wenige Stunden zuvor hatten die Bielefelder noch Elfmeter geübt, „das habe ich noch nie gemacht“, erzählte Meier und auch, dass er am Sinn dieser Maßnahme zweifelte. Und Lorenz, das war eine weitere Pointe, habe nur deshalb geschossen, weil ein anderer vorgesehener Schütze dann doch keinen Mut aufbrachte.

Die nächste kleine Anekdote gab Torwart Alexander Schwolow preis. Pariert hatte er nach 120 torlosen, aber intensiven Minuten mit Chancenvorteilen für die Arminia die Versuche der Berliner Julian Schieber und Sandro Wagner. Dass der nachfolgende Treffer von Lorenz fürs Weiterkommen genügte, „habe ich erst gar nicht gecheckt“, sagte Schwolow. Erst als der Lorenz gar nicht mehr aufhörte zu jubeln und die Kollegen angerannt kamen, wurde dem ehemaligen Juniorennationalspieler und der Leihgabe des SC Freiburg bewusst, dass er schon genug Vorarbeit geleistet hatte. Einen „jungen, aufstrebenden Torwart, der sicher noch von sich reden machen wird“, nannte Meier den 22-Jährigen.

Positiv und überregional von sich reden machen würde die Arminia insgesamt gerne wieder häufiger, nach Jahren eher tragischer Geschichten. Nachdem die Bielefelder letztmals in einer Verlängerung standen, waren sie abgestiegen. In der Relegation im Mai gegen Darmstadt 98 war das. Gegen Hertha war nun auf der ehemaligen „Alm“ auch jene neue Osttribüne mal wieder sehr gut gefüllt, die die Arminia einst in der Bundesliga in Auftrag gegeben hatte – und die statt der geplanten 9 Millionen Euro gut doppelt so teuer ausfiel. Hinzu kam damals der Abstieg in die zweite Liga und bald darauf in die dritte.

Noch immer trägt der Verein schwer an dieser Finanzlast, die Verbindlichkeiten von einst fast 30 Millionen Euro werden nun langsam abgebaut. Die 527.000 Euro DFB-Prämie durch den Achtelfinaleinzug sind „ein warmer Geldregen für den Verein“, erklärte Meier. „Wenn man mich heute Morgen gefragt hätte, wäre sicherlich nichts möglich gewesen“, sagte Sportdirektor Samir Arabi zu etwaigen Nachbesserungen in der Winterpause, personell oder in der Infrastruktur, „jetzt haben wir einen gewissen Handlungsspielraum.“ Vielleicht investiert man statt in Beine zum Beispiel in Halme. Der derzeitige Stadionrasen „ist 15 Jahre alt und die Drainage abgesackt“, sagte Arabi.

In Bielefeld hoffen sie nach den Rückschlägen der Vergangenheit nun auf einen nachhaltigen Aufschwung. Nach einem Fehlstart führt die Arminia die dritte Liga an. Große Unternehmen aus Ostwestfalen sprangen wieder einmal ein und ermöglichten Verpflichtungen ehemaliger Bundesligaprofis wie Florian Dick und Peer Kluge. Letzterer war übrigens von der Hertha gekommen.