Seid umschlungen, Milliarden!

Entwicklungshilfe, Schuldenerlass, Aidsbekämpfung, Geld für Friedenstruppen: Es gibt viele G-8-Programme für Afrika. Manche sind sogar wirksam. Aber spürbare Wirkungen entfalten sie alle erst in jüngster Zeit – aus afrikanischer Sicht zum Teil zu spät

VON DOMINIC JOHNSON

Afrika steht seit Jahren im Fokus der G-8-Runden. Doch je öfter afrikanische Präsidenten zu den Gipfeln der Industrienationen pilgern, desto unzufriedener wird ihre Öffentlichkeit mit den Ergebnissen. Dabei mangelt es nicht an internationalem Engagement – aber es kommt zu zaghaft, mahnen afrikanische Kritiker.

„Während die Gesundheits- und Bildungssysteme sich ein wenig verbessert haben, nimmt die Arbeitslosigkeit in Afrika weiter zu, und die Armut wächst, besonders in ländlichen Gebieten“, warnte letzte Woche die südafrikanische Organisation African Monitor. Die Organisation kritisierte insbesondere die Vernachlässigung von Landwirtschaft und ländlicher Entwicklung, die anhaltende Benachteiligung Afrikas im Welthandelssystem, die Vernachlässigung der Folgen des Klimawandels und die wachsende Abhängigkeit Afrikas – zu den G-8-Industrienationen kommen ja jetzt auch die asiatischen Schwellenländer mit eigenen Ansprüchen.

In den vergangenen Wochen konzentrierten sich Kritiker vor allem auf die mangelhafte Erfüllung der Zusage des Gleneagles-Gipfels von 2005, die Afrikahilfe bis 2010 zu verdoppeln. Die internationale Kampagne „Data“ (Debt, Aids, Trade for Africa) hat den G-8-Ländern vorgeworfen, von 25 Milliarden Dollar zugesagter Erhöhung bisher nur 2,3 Milliarden geleistet zu haben. Frankreich und Italien haben ihre Hilfen sogar gekürzt.

Die G-8-Nationen haben Afrika schon ganz andere Dinge versprochen. Aber viele von ihnen machen sich jetzt erst bemerkbar. Die internationale Schuldenerlassinitiative HIPC (Heavily Indebted Poor Countries) von 1996 und 1999 schlägt erst so richtig durch, seit sie 2005 um das Unterstützungsprogramm MDRI (Multilateral Debt Relief Initiative) erweitert und in komplette Schuldenstreichungen für bislang nach Weltbankangaben 22 Länder mutierte. Schuldenstreichungen von 62,2 Milliarden Dollar unter HIPC und 37,6 Milliarden unter MDRI hat es bislang gegeben. Die afrikanischen Nutznießer sind Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Ghana, Kamerun, Madagaskar, Malawi, Mali, Mauretanien, Mosambik, Niger, Ruanda, Sambia, São Tomé, Senegal, Sierra Leone, Tansania und Uganda. Den weltgrößten Schuldenerlass hat Nigeria bekommen. Die Demokratische Republik Kongo und Burundi stehen als Nächste auf der Liste. Und Liberia – das Land mit der weltweit höchsten Auslandsschuld, relativ zur Wirtschaftsleistung – dürfte auch rasch dazukommen.

Der Globale Aidsfonds der UNO, der seit 2002 Geld für die Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose sammelt, führte jahrelang ein Schattendasein. Aber jetzt wächst er schnell. 2006 bekamen nach Fondsangaben erst 544.000 Menschen von ihm Aidsmedikamente, 1,4 Millionen TB-Kranken waren behandelt und 11,3 Millionen imprägnierte Moskitonetze zur Abwehr von Malaria verteilt. Heute liegen die Zahlen bei jeweils 1,1 Millionen, 2,8 Millionen und 30 Millionen – eine Verdoppelung bis Verdreifachung in einem Jahr. Bislang hat der Fonds 7,6 Milliarden Dollar ausgegeben.

Schlusslicht der internationalen Zusagen für Afrika ist der Bereich Friedenssicherung. Die reichen Industrienationen und afrikanische Regierungen predigen zwar längst gemeinsam das Prinzip „Afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme“, womit gemeint ist, dass Afrika seine Konflikte selbst lösen soll. Die Afrikanische Union (AU) muss aber immer noch betteln gehen, wenn sie eine Eingreiftruppe entsenden will. Der Mangel an Geld für die AU-Truppe im sudanesischen Darfur hat deren Mobilität und Abschreckungspotenzial vermindert und sie von Sudans Regierung abhängig gemacht. Das hat sicherlich tausende Menschenleben gekostet.