AUFRÄUMEN, SAUBERMACHEN, LETZTE BLICKE INS TAL UND AUF DIE ALM. UND DANN IST ES GUT
: Der schöne Winter

AMBROS WAIBEL

Es hatte geschneit in der Nacht, aber als ich morgens aus der Hütte kam, war die Luft klar. Ich machte die Läden auf, heizte den Ofen an, trank später Kaffee in der Sonne auf den Holzstufen. Heute war Abstiegstag, länger konnte man hier oben nicht bleiben, die Alm war lawinengefährdet. Den Rucksack hatte ich schon am Abend zuvor gepackt, um dann in Ruhe den Whisky austrinken zu können.

Ich setzte Wasser auf, fegte und stellte den Müll raus und entschied mich, das Plumpsklo auch gleich zu leeren – die Arbeit wurde nicht schöner, wenn ich wartete. Ich stieg mit dem Eimer in den Wald hoch, sah mich noch nach einem späten Steinpilz um, aber die Gegend blieb mager.

Als ich zurückkam, war der große Topf Wasser heiß, ich begann die Hütte zu schrubben, vom Matratzenlager oben bis zum Wohnraum unten. Dann hing der nasse Lappen an der Leine, er würde hier überwintern, steif frieren und wieder auftauen. Ich trank Wasser am Brunnen und füllte zwei Flaschen voll. Dann setzte ich mich noch einmal vor die Hütte.

Unten durchs Tal schlängelte sich Nebel, ein milchiges Band. Ich hatte den Überblick gemocht, das große Ganze. Aber meistens hatte ich versucht, mich auf das Unmittelbare zu konzentrieren, hier, wo ich gerade war, was gerade vorbeikam: das Reh, die Kuh, der Wanderer, der vorbeischnaufte und grüßte, die Nachbarn überm Grat auf der bewirtschafteten Alm, die Geschichten der Freunde auf Besuch, die Blumen, die Käfer.

Ich hätte jetzt, wo ich so geläutert dasaß, oft gern mehr Geduld gehabt im Schauen, die meiste Zeit war eben doch für den Alltag draufgegangen, Holz hacken, den Ofen befeuern, Wasser schleppen, kochen, abspülen, Wäsche waschen. Und dann die Gänge, zum Milchholen, die Touren auf die umliegenden Gipfel, gelegentlich der Abstieg zum Einkaufen, ein schnelles Bier in der Wirtschaft. Und dann wieder steil hinauf, mit vollem Rucksack, jedes Mal wie ein Kreuzweg.

Jetzt ging es mit leichten Gepäck hinunter. Ich schloss die Läden, sperrte die Tür zu, legte den Schlüssel oben auf den grob gezimmerten Türrahmen. Und ging los, ließ die Wiesen hinter mir und tauchte in den Wald ein, in dem mir bald die ersten Nebelschwaden entgegenwehten.

Freitag Meike Laaff Nullen und Einsen

MontagJosef WinklerWortklauberei

DienstagJacinta NandiDie gute Ausländerin

MittwochMatthias LohreKonservativ

DonnerstagMargarete StokowskiLuft und Liebe

Ich sah mich nicht um, obwohl ich nicht abergläubisch war. Ich würde ja wiederkommen, es gab keinen Anlass für heroische oder sentimentale Rückblicke. Ich war satt von der Alm – über war ich sie nicht. Jetzt wurde der Nebel feucht, ich fror und schwitzte gleichzeitig, bis ich mich an das neue Wetter gewöhnt hatte.

Wieder war ich erstaunt, wie plötzlich der Bergwald endete. Vorne war das Dorf, ich ging nicht in die Wirtschaft, sondern gleich Richtung Bahnhof. Die Kühe sahen kurz hoch, sie waren schon einige Zeit hier unten. Dann weideten sie weiter. Der Nebel schluckte die Geräusche, ich begann mich zu freuen: auf die Heizung, die warme Dusche, den vollen Kühlschrank, das Radio und das Internet. Auf den Winter, auf Weihnachten, auf Neujahr. Auf den ersten Vogelgesang an einem Januarmorgen. Auf alles.