LESERINNENBRIEFE
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Mehr erwartet

■ betr.: „Was vor die Flinte kommt“ u. a, taz vom 21./22. 10. 14

Zugegeben, auch mich stört das Polemisieren der Jagdgesellschaft gegen die Novellierung des Jagdgesetzes in NRW. Was mich aber viel mehr stört, ist die Flut an Leserbriefen, die sich um die „armen“ Katzen „sorgen“.

Wo bleiben die Leserbriefe gegen die Drittstaatenregelung – gezielt gegen die Roma – oder gegen die vom EGH verurteilte Praxis von Frontex gegen die Bootsflüchtlinge im Mittelmeer beziehungsweise der deutschen Finanzierung dieser „Privatpolizei“, durch die tausende Menschen sterben? Wo bleiben die Leserbriefe gegen Rechtsradikalismus und so weiter; oder gegen den Spruch „Wer betrügt, fliegt“? Wo bleibt die Flut der Leserbriefe gegen TTIP und Ceta? Wo bleiben die Leserbriefe gegen die fehlende Integration von Menschen mit Migrationshintergrund, so dass nicht mit Passentzug gedroht werden muss, um junge Menschen an der Ausreise nach Syrien oder in den Irak zu hindern. Ich hätte von taz-Lesern mehr erwartet.

ALBERT WAGNER, Bochum

Kein AKW ist sicher

■ betr.: „Aktenzeichen Super-GAU“, taz vom 25. 10. 14

Bedrückend sind nicht die „unabsehbaren Konsequenzen“ der misslungenen Simulation. Bedrückend sind die mit dem Betrieb von AKW und einem Super-GAU verbundenen Fakten: Kein Atomkraftwerk ist gegen vergleichbare Terroranschläge, wie sie in New York erfolgten, gesichert. Eine schon vor über zehn Jahren von einer CDU/FDP-Regierung veranlasste Studie der Baseler Prognos AG kalkulierte die Gesamtschäden bei einem Super-GAU in Biblis auf 4 Billionen Mark. 4 Millionen Menschen müssten, falls sie überleben, umgesiedelt werden.

Kein Versicherungsunternehmen zeigt sich in der Lage, durch einen Super-GAU verursachte Schäden durch angemessene Versicherungsverträge zu decken.

Der Betrieb von Atomkraftwerken erzeugte und erzeugt weiterhin Tausende von Tonnen hochradioaktiven „Mülls“. Die Endlagerung über Jahrhunderttausende ist bis heute ungeklärt und wird ungeklärt bleiben. Ein Abbau und die endgültige Beseitigung von AKW erzeugt weiteren strahlenden „Müll“ und erhebliche finanzielle Kosten.Wegen der radioaktiven Strahlung und erheblicher Wärmeentwicklung des „Mülls“ darf aus Sicherheitsgründen eine Endlagerung nur in einer Form ablaufen, die dem Menschen einen ständigen Zugriff zu den gelagerten strahlenden Materialien ermöglicht.

Kein AKW ist sicher. Sicher ist nur das Risiko eines Super-GAU! Der Betrieb von AKW ist ein unverantwortlicher Weg der Energiegewinnung! Nur der Einsatz ausschließlich erneuerbare Energien kann eine Selbstzerstörung aller Lebens- und Wirtschaftsformen verhindern. KLAUS RABE, Hamburg

Fragwürdige Informationspolitik

■ betr.: „Auslegungsüberschreitender Kühlmittelverluststörfall“, taz vom 25. 10. 14

Der Artikel ist in höchstem Maße beunruhigend. Seit zwei Jahren wohne ich rund 25 Kilometer südwestlich vom AKW Lingen. Bis heute habe ich als im Ernstfall unmittelbar Betroffene nicht eindeutig herausfinden können, ob ich im direkten Bannkreis lebe und welche Maßnahmen bei einem Reaktorunfall zu treffen wären. Die Informationspolitik des Umweltministeriums ist fragwürdig, das Ergebnis meiner Suche nach Antworten ist gleich null.

PETRA FIETKAU, Bad Bentheim

Eine riesengroße Schweinerei

■ betr.: „Auslegungsüberschreitender Kühlmittelverluststörfall“, taz v. 25. 10. 14, „Derzeit nicht handlungsfähig“, taz v. 28. 10. 14

Dieser seitenlange Test beweist mir unter anderem auch, dass man in Bezug auf die Sicherheit von Atommeilern den verharmlosenden Aussagen deutscher Regierungen, Managern von Kraftwerksbetreibern und Politikern auch heutzutage nicht mehr glauben sollte! Ob „harmlose“ Unfälle wie in Sellafield, Cattenom, GAUs wie in Harrisburg, TMI, Tschernobyl oder Fukushima, man war und ist nur dilettantisch vorbereitet! Chaos in der Panik lässt sich nicht steuern! Im Ernstfall wird es zugehen wie beim Turmbau zu Babel! Alle Dilettanten quatschen dann kompetenzrangelnd und ohne Plan durcheinander. Und keiner weiß den Ausweg! Abgesehen davon, will dann doch jeder seine eigene Haut retten. Gewisse Personenkreise haben dann bereits ihren Plan B aus der Tasche gezogen.

Plan B heißt Abflug nach Irgendwo, solange noch Flugzeuge in der Luft sind oder Schiffe über Meere fahren. In Irgendwo hat „VIP“ eine zweite Heimat, hat „VIP“ Kohle gebunkert und möchte dort gerne seine Liebsten in Sicherheit bringen, um möglichst friedlich und unbehelligt mit ihnen alt zu werden. Den Kopf halten im Ernstfall wir Schäflein hin. Wohin sollten wir denn dann wohl flüchten? Vielleicht am Besten vorbei an Frontex übers Meer nach Afrika!? Somit wäre der dortige Bevölkerungsschwund wieder ausgeglichen. Und wir wüssten, wie das mit „die Heimat verlassen“ ist!

Dieses Testergebnis ist für mich auch Beweis für die bisherige Verharmlosungs- und Vertuschungspolitik seitens Managern, Parteien/Politikern/Beamten. Das ist beunruhigend. Aber konkreter sind bei mir Wut und Ohnmacht gegenüber ignoranten inaktiven Verantwortlichen in Industrie und Politik! Das Testergebnis ist deren Armutszeugnis und eine riesengroße Schweinerei!! Auch weil dieser leichtfertige Umgang mit der Atomkraft in Deutschland schon jahrzehntelang System hat. GEBHARD MACK-REISER, Burladingen