Gummigeschoss aus Notwehr?

Nach der Gewalt am Samstag wollen Polizei und Politik härter gegen Randalierer vorgehen

BERLIN dpa/rtr ■ Nach den schweren Anti-G-8-Krawallen in Rostock hat die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) in Nordrhein-Westfalen gefordert, die Einsatzkräfte mit Gummigeschossen besser zu schützen. Die Industrie habe längst wirksame Geschosse entwickelt, die in vielen Ländern erfolgreich eingesetzt würden. „Nur in Deutschland werden Polizistinnen und Polizisten immer wieder hundertschaftsweise zur Steinigung freigegeben“, sagte DPolG-Landeschef Rainer Wendt gestern in Duisburg.

Mit dem Vorstoß reagiert die DpolG auf die massive Gewalt des so genannten Schwarzen Blocks, der am Samstag rund 2.000 bis 2.500 Anhänger gegen die Polizeibeamten mobilisiert hatte. Bei der größeren Gewerkschaft der Polizei (GdP) stieß der Ruf nach Gummigeschossen allerdings auf Zurückhaltung. Der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg sagte: „Eine Diskussion über neue Waffen bringt uns überhaupt nicht weiter.“ Bisher hätten die von der Industrie angebotenen „Distanzwaffen“ nicht überzeugt.

Freiberg plädierte dagegen für ein härteres Vorgehen gegen Gewalttäter und Vorkontrollen an jenen Orten, an denen sich G-8-Gegner treffen. Wer mit Steinen, Messern oder Knüppeln erwischt werde, müsse sofort in Gewahrsam.

Zustimmung erhielt Freiberg von führenden CDU-Politkern. Unionsfraktionschef Volker Kauder plädierte gestern dafür, verstärkt Wasserwerfer gegen Randalierer einzusetzen. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller verlangte, potenzielle Gewalttäter in Unterbindungsgewahrsam zu nehmen, um ihnen von vorne herein keine Chance zu geben. Ähnlich äußerte sich der nordrhein-westfälische Regierungschef Jürgen Rüttgers: „Dem Schwarzen Block muss von Anfang an die Grenze aufgezeigt werden.“

Unterdessen brachte Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) ein Uniformverbot von schwarz Vermummten ins Gespräch, um Gewalttäter leichter aus dem Verkehr ziehen zu können. Es sei die Frage, ob man Randalierer in einheitlicher Kleidung nicht mit einem Uniformverbot nach dem Versammlungsgesetz wie bei Rechtsradikalen mit Springerstiefeln belegen könnte, sagte gestern Körting, der auch Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist. Dies sei aber rechtlich kompliziert.

Zuvor hatte der SPD-Politiker die wegen des G-8-Gipfels in Heiligendamm wieder eingeführten Grenzkontrollen an den deutschen Grenzen als „völlig sinnlose Maßnahme“ kritisiert. Die Einreise von Gewalttätern sei trotz Kontrollen und Aussetzung des Schengen-Abkommens nicht verhindert worden. Informationen ausländischer Behörden über einreisende Gewalttäter seien nicht gekommen, sagte Körting.

Es könne niemand zurückgeschickt werden, wenn keine Erkenntnisse vorliegen. Die europäischen Partnerbehörden hätten den G-8-Gipfel anders bewertet als die Fußball-WM im Vorjahr, bei der die Zusammenarbeit funktionierte.