frauke banse, sprecherin von block g 8
: In gepflegtem Stil für die gute Sache

Will nach dem Gipfel ihren Doktor machen: Frauke Banse von Block G 8

Wenn man die junge Frau am Eingang des ARD-Hauptstadtstudios in Berlin beobachtet, käme man nicht auf die Idee, dass sie derzeit hauptberuflich Straßenblockaden organisiert. Schwarze Bluse, Nadelstreifenhose, Rollkoffer – höflich und verbindlich begrüßt sie die Hörfunk-Redakteurin des WDR, die kurz vor dem G-8-Gipfel eine Diskussionssendung zu den Protesten moderiert.

Eine halbe Stunde später wird die 32-jährige Frauke Banse als Politikwissenschaftlerin und Pressesprecherin von „Block G 8“ angekündigt. Sie sagt Sätze wie „Das Neue an uns ist die Breite des Bündnisses“ oder: „Der Inszenierung der G 8 setzen wir unser Symbol entgegen.“ Banse spricht diese Sätze fast schon automatisch, so oft wurden sie bereits abgefragt.

Sie beantwortet derzeit viele Fragen nach dem Wie des Protests und nur wenige nach dem Warum.

Dabei geht es ihr doch um die Inhalte. Neben der Blockadearbeit ist sie bei Attac in der „Stop-EPA-Kampagne“ aktiv. Da geht es um die Folgen der EU-Freihandelspolitik für afrikanische Volkswirtschaften. Nicht viele Aktivisten muten sich diese Detailarbeit zu. Banse schon. Sie sagt: „Die Blockade ist doch nicht Zweck an sich, sondern nur Mittel zum Zweck.“

Während des Gipfels ist Banse zuständig für die Pressearbeit im Camp Rostock. Dann tauscht sie Rollkoffer gegen Rucksack und übernachtet im Zelt. Nicht dass ihr Isomatten und Dixiklos so gut gefallen würden. Denn zur Zottelfraktion gehört Banse nicht. Es macht ihr eher Angst, die Mahlzeiten von Tellern zu essen, deren Säuberung die zahlreichen Hunde der Bewegung übernommen haben. Aber sie erträgt das für die gute Sache.

Die gute Sache ist für Banse die Vereinigung der Linken in Deutschland. Seit eineinhalb Jahren vermittelt sie für Block G 8 zwischen den Strömungen des Protests. Zwischen denen, die lieber sitzend blockieren, und denen, die stehen wollen. Gleichzeitig versucht sie, die Blockaden dem kirchlichen Spektrum schmackhaft zu machen. Dort denken sie: Wer so gepflegt und umgänglich auftritt, kann doch nur friedlich protestieren.

Banse „kommt aus der Tradition des Sitzens“, sagt sie. Sie stammt aus dem Wendland. Ihr Vater war bei den Anti-Atom-Protesten in Brokdorf dabei, ihre Mutter nahm sie mit zu den Menschenketten. Zumindest zu Hause musste Banse nicht rebellieren. 1996 war sie eine der Ersten, die sich bei den Anti-Castor-Demonstrationen in die Gleise einbetonieren ließ, um den Zug aufzuhalten. Auf Bewegungsfreiheit beim Demonstrieren legt Banse nicht viel Wert.

Wenn der Gipfel vorbei ist, wird Banse ihre Doktorarbeit schreiben. Das Thema: Strategien gegen die EU-Freihandelsabkommen mit Afrika. In gewisser Weise schreibt sie dabei auch über sich selbst. In der Wissenschaft nennt man das Aktionsforschung.

NIKOLAI FICHTNER