WIE WIR IN DIE DIGITALE ECHOKAMMER HINEINRUFEN, SO SCHALLT ES AUCH ZURÜCK: BESTÄTIGUNG. FESTIGUNG. VERSTÄRKUNG
: Stand so im Internet

MEIKE LAAFF

Ein hübsches kleines Experiment: 48 Stunden lang hat der US-amerikanische Wired-Journalist Mat Honan für einen Artikel einmal alles auf Facebook geliked, was ihm dort präsentiert wurde. Auch wenn er es ganz grauenvoll fand. Einfach, um mal zu sehen, wie der Algorithmus darauf reagiert. Ergebnis: Am Tag zwei rückten die Posts, die er angezeigt bekam, politisch immer weiter nach rechts außen. Und gleichzeitig auch nach links außen. Sich selbst verstärkender Timeline-Extremismus.

Das Netz steckt voller Echokammern: Da sich jeder dort sein Medienmenü selbst zusammenstellen kann, tendieren die meisten Menschen dazu, gezielt zu konsumieren, was ihren Interessen und ihrem Weltbild entspricht. Filterblasen, in denen man sich schnell und zielgenau informieren kann. Auch ich nutze Twitter, konsumiere großartige Blogs und Podcasts. Nur: Wie wir in die digitale Echokammer hineinrufen, so schallt es auch zurück. Bestätigung der eigenen Position. Festigung. Verstärkung. Neu daran: Anders als im massenmedialen Umfeld findet man für jede noch so abstruse Ansicht Gleichgesinnte.

In meiner persönlichen Echokammer zum Beispiel habe ich erst diese Woche gemerkt, dass Teaparty-Posterboy und US-Talker Glenn Beck ja überhaupt nicht in der Versenkung verschwunden ist, sondern jetzt, nachdem er bei FoxNews aufhörte, einfach ins Internet reinpolemisiert. Direkter Draht zu über 300.000 Abonnenten, die dafür 100 US-Dollar im Jahr zahlen. Inzwischen soll Beck damit häufiger geklickt werden als Nachrichtendienste wie Bloomberg oder Reuters.

Zu weit weg? Geht auch näher: Ich weiß schon, dass einer Theorie zufolge alle Menschen dieser Welt über sieben Ecken miteinander in Verbindung stehen. Trotzdem war ich kürzlich wirklich überrascht: Ich kenne offenbar über zwei Ecken Menschen, die auf Facebook begeistert diese wirren Thesen von Ex-Radio-Fritz-Moderator und Montagsdemo-Einheizer Ken Jebsen über die Ukraine beklatschen.

Interessant daran finde ich vor allem die Vertrauenskrise. Spätestens nach einem Sommer voller Ukrainekrise höre und lese ich immer häufiger Menschen, die sich von „klassischen“ oder „etablierten“ Medien (welche auch immer genau dazu gehören mögen) falsch informiert fühlen. Die Journalisten, Sender und Verlage wegen Kuscheln mit politischen Entscheidungsträgern oder organisatorischen Verflechtungen kritisieren. Und je mehr Menschen das so ähnlich sehen, desto mehr wird die aktuelle Medienkrise von einer finanziellen zu einer Vertrauenskrise.

Montag

Josef Winkler

Wortklauberei

Dienstag

Jacinta Nandi

Die gute Ausländerin

Mittwoch

Matthias Lohre

Konservativ

Donnerstag

Margarete Stokowski

Luft und Liebe

Freitag

Jürn Kruse

Fernsehen

Spannend wird außerdem, welche alternativen Informationskanäle die Kritiker wählen. Das Netz hat Möglichkeiten geschaffen, um das Publizieren zu demokratisieren. Auch Jebsen und Beck profitieren nun davon, heften sich die Labels des unabhängigen Journalismus und der freien Presse ans Revers, wenn sie zu ihren langen Erklärungsketten ansetzen, wie die Welt tatsächlich funktioniert. Und finden ein Publikum. Echokammern zum Reinschreien. Ohne die Notwendigkeit, Gegenpositionen diskutieren zu müssen.