Koch-Institut will schnellere Infos

EPIDEMIE Die wichtigsten Krankheitsbekämpfer des Bundes raten, dass Ärzte Infektionen künftig online melden. Experte klagt, er habe zu spät von Ehec-Welle erfahren

Derzeit dürfen zwei Wochen vergehen, bis dem Institut Diagnosen gemeldet werden

AUS BERLIN JOST MAURIN
UND HEIKE HAARHOFF

Als Konsequenz aus dem jüngsten Ausbruch des lebensgefährlichen Ehec-Keims möchte das Robert-Koch-Institut (RKI) künftig schneller über Erkrankungen informiert werden. „Für uns wäre eine von allen Behörden gemeinsam genutzte, einheitliche Informationsplattform gut, sodass wir die Daten über Erkrankungen quasi in Realzeit bekommen“, sagte Behördenchef Reinhard Burger der taz. Dort könnten etwa Ärzte aus ihrer Praxis- oder Krankenhaussoftware heraus meldepflichtige Diagnosen ans Gesundheitsamt schicken.

Im Moment dürfen laut Infektionsschutzgesetz rund zwei Wochen vergehen, bis eine Erkrankung oder Infektion vom Arzt über das kommunale Gesundheitsamt und das Land an das RKI gemeldet wird. Verzögerungen erschweren es, Ausbrüche tödlicher Krankheiten so schnell wie möglich zu stoppen.

„Man muss schon in der Frühphase eines Ausbruchs erkennen können, ob sich Infektionen, Erkrankungen oder Verdachtsfälle häufen“, ergänzte Burger. Zu möglichen datenschutzrechtlichen Einwänden sagte der RKI-Präsident, das Institut benötige nur anonymisierte Daten. Zudem erlaube die heutige Technologie, die Informationen sicher zu übermitteln und den Zugriff auf Befugte zu beschränken. Das RKI ist Deutschlands wichtigste Behörde für die Überwachung von Krankheiten.

Nach dem aktuellen Ehec-Ausbruch haben die Ämter die langen Meldefristen zwar laut RKI nicht ganz ausgeschöpft: Derzeit dauere es meist ein bis vier Tage, bis die Meldung vom Gesundheitsamt bei der Bundesbehörde ankommt. Doch schon diese Verzögerung scheint vielen angesichts der Masse der Opfer zu lang – seit Anfang Mai hat das RKI rund 4.000 Fälle von Ehec und dem auch von ihm verursachten hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) sowie 47 Tote registriert.

Auch Deutschlands führender Ehec-Experte, Helge Karch, sagte über das Meldesystem: „Da sollte sich in Zukunft etwas ändern.“ Karch leitet das Konsiliarlabor, das für das Koch-Institut Ehec-Erregerstämme analysiert. Diese Arbeit trägt zum Beispiel dazu bei, Übertragungswege zu finden. Dennoch habe er erst am 23. Mai Stuhlproben von HUS-Patienten bekommen, antwortete Karch auf eine Frage der taz bei einer Tagung in Berlin. Drei Tage zuvor hätten ihn Kollegen aus Frankfurt am Main und Paderborn über HUS-Fälle in den Städten informiert – „und da war eigentlich der Höhepunkt dieses Ausbruchs schon erreicht“.

Karch kritisierte, dass die Labore vor Ort ihre positiven Proben nicht an das Konsiliarlabor schicken müssten. „Aber da müssen wir in Zukunft drüber nachdenken, ob man die nicht verpflichtet.“

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr hatte bereits erklärt, dass die Regierung das Meldewesen beschleunigen werde. Auch darüber wollte der FDP-Politiker bei der am Mittwoch begonnenen Konferenz in Frankfurt am Main mit seinen Amtskollegen aus den Bundesländern diskutieren.