Personalflucht bei Asklepios

Bis zu 1.000 Mitarbeiter werden in Hamburg Ende des Monats den Klinikkonzern Asklepios verlassen, um in den Dienst der Stadt zurückzukehren. Diese Option hatte der Senat beim Verkauf der städtischen Kliniken den Beschäftigten zugesichert

VON ELKE SPANNER

Ab Ende diesen Monats hat die Stadt Hamburg ein großes Problem: Sie wird mehrere hundert Mitarbeiter beschäftigen müssen, für die es keine Planstellen gibt. 508 Krankenhausmitarbeiter, denen bei der Privatisierung des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) der neue Arbeitgeber Asklepios GmbH vorgesetzt wurde, haben ihre Rückkehr zur Stadt angekündigt. Wie viele es endgültig sein werden, steht erst Ende des Monats fest – dann läuft die Frist zur Rückkehr ab. Gerüchten zufolge tragen sich sogar mehr als 1.000 Beschäftigte mit dem Gedanken, wieder in den Dienst der Stadt zu treten.

Mehr als 6.000 der insgesamt 11.000 Beschäftigten des LBK haben das Recht, zur Stadt als Arbeitgeber zu wechseln. Das wurde den altgedienten Mitarbeitern beim Verkauf der damals sieben Krankenhäuser im Jahr 2005 verbrieft. Für jeden Rückkehrer muss die Asklepios GmbH der Stadt 25.000 Euro zahlen. Im Gesamten ist die Summe aber auf 15 Millionen Euro begrenzt.

Der CDU-Senat, der den LBK gegen das Votum eines Volksentscheides verkauft hatte, hatte damals prophezeit, dass der Kreis der Rückkehrwilligen sehr klein sein werde. Mit der Asklepios GmbH bekämen die Beschäftigten schließlich einen solventen und erfahrenen Arbeitgeber, der seinem Personal Entwicklungschancen biete. „Im Privatisierungsprozess sind die Interessen der Arbeitnehmerseite berücksichtigt worden“, behauptete der Senat noch im September 2004.

Kaum war der Verkauf vollzogen, reihte sich für das Asklepios-Personal stattdessen eine Hiobsbotschaft an die nächste: Zunächst stieg Asklepios aus dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst aus, nach dem die Beschäftigten zuvor entlohnt worden waren – über Wochen wurden die einzelnen Krankenhäuser daraufhin im Wechsel bestreikt. Dann kündigte der private Klinikbetreiber an, die Personalstruktur neu zu gewichten: Während der medizinische Bereich ausgebaut werden sollte, fallen 320 Stellen in der Verwaltung ersatzlos weg.

Doch nicht nur Verwaltungskräfte, die bei Asklepios ohnehin bald arbeitslos würden, kehren nun zur Stadt zurück. Auch Labormitarbeiter, Krankenschwestern und -pfleger sowie „eine Handvoll Ärzte“ haben ihre Rückkehr angekündigt. Das bestätigte gestern Volker Bonorden, Sprecher des Personalamtes der Stadt. 508 Rückkehrer haben sich bisher, drei Wochen vor Ablauf der Frist, gemeldet. Die Stadt wartet zunächst noch ab. Erst nach Ablauf der Frist werde geprüft, welches Profil die einzelnen neuen Mitarbeiter mitbringen und wo sie sinnvoll eingesetzt werden können, sagt Bonorden. Ein Etat für die Personalkosten der Rückkehrer ist im Haushalt der Stadt jedenfalls nicht eingeplant.

Sollten tatsächlich an die 1.000 Beschäftigte der derzeit rund 11.000 Mitarbeiter dem LBK den Rücken kehren, bekommt auch Asklepios ein Problem. Fallen auf den Stationen der inzwischen noch sechs Kliniken Ärzte, Krankenpfleger und -schwestern weg, wird sich die medizinische Versorgung der Patienten verschlechtern. Das prophezeit Michael Naumann, Spitzenkandidat der SPD: „Die Ersten, die unter dieser Entwicklung leiden, werden die Patienten sein.“ Die mussten ohnehin bereits Einbußen in der Versorgung hinnehmen: Während im Jahr 2005 im Schnitt 18,1 Pflegerinnen und Pfleger 1.000 Patienten betreuten, sind es im diesem Jahr nur noch 17,0 Pfleger für die gleiche Anzahl Patienten. Ähnlich ist die Entwicklung bei den Ärzten: 2005 haben sich noch 9,38 Ärzte um 1.000 Patienten gekümmert, zurzeit sind es 8,59.

Asklepios selbst konnte gestern noch nicht sagen, wie viele der Beschäftigten in den Dienst der Stadt zurückkehren werden. Die Zahl von 1.000 Beschäftigten, die in der Hansestadt die Runde macht, kann Sprecher Mathias Eberenz jedenfalls nicht bestätigen. Das Unternehmen habe in den medizinischen Abteilungen viel investiert. Zukunftsängste bräuchten die Mitarbeiter zumindest aus den medizinischen Berufen keine zu haben. „Es ist offensichtlich, dass dort kein Personalabbau geplant“ ist, sagt Eberenz.

Offensichtlich ist laut Ver.di-Betreuungssekretärin Hilke Stein hingegen, dass es Asklepios in den vergangenen zwei Jahren nicht geglückt sei, in der Belegschaft Vertrauen aufzubauen. Nach wie vor gibt es für die Kliniken keinen Tarifvertrag, und jüngsten Ankündigungen zufolge sollen ganze Bereiche aus dem Unternehmen ausgelagert werden. „Die Beschäftigten sehen für sich keine Zukunft mehr.“