Wohlfühlen als Beruf

WORK-LIFE-BALANCE Sophie Bono hat einen ungewöhnlichen Beruf: Sie ist „Feel-Good-Managerin“ in einem Unternehmen. Die Psychologin soll die Arbeit der Angestellten so angenehm wie möglich gestalten

Die Firmen haben erkannt, dass es sich auszahlt, wenn die MitarbeiterInnen freier arbeiten

VON BIRK GRÜLING

Lächelnd steht Sophie Bono in der Firmen-Cafeteria und unterhält sich, grüßt Vorbeigehende, hört zu. Die 29-Jährige ist „Feel-Good-Managerin“ bei dem Hamburger Spieleunternehmen Goodgame. „Ich möchte, dass jeder gerne zur Arbeit kommt und sich wertgeschätzt fühlt“, erklärt Bono ihren Auftrag.

Kaum eine Handvoll Feel-Good-Manager gibt es im Norden. Doch das Interesse wächst. In Hamburg bietet „Goodplace“, eine Beratungsagentur für eine „bessere Arbeitswelt“, „Feelgood Management“-Seminare für Firmen an. Im Bremer Institut für Wertekultur in der Wirtschaft kann man eine komplette Weiterbildung buchen. Kostenpunkt für zehn Module: knapp 4.000 Euro. Voraussetzung: ein Hochschulabschluss als Personalentwickler, Psychologe oder Freizeitwissenschaftler. Stellenanzeigen für Feel-Good-Manager verlangen einen offenen Umgang mit Menschen, Kreativität, Organisationstalent, Sportlichkeit.

Bono hat vorher Psychologie studiert und als Coach gearbeitet, in einem Unternehmen mit höherem Altersschnitt, mit anderen Aufgaben. Bei Goodgame kümmert sie sich um gesunde Ernährung, Firmenfeste, Sportangebote. Aber Spiel und Spaß sind nur ein Teil ihres Jobs. Mit Unterstützung von Feelgood-KollegInnen aus der Personalabteilung, dem Eventmanagement und dem Onboarding kümmert sie sich auch um Probleme, versucht bei Konflikten zu vermitteln, trägt Vorschläge zusammen. Ihre Bürotür steht immer offen. Jeder kann ihr eine Mail schreiben oder sie ansprechen. Für anonyme Vorschläge gibt es eine Feedback-Box.

Ein wichtiges Thema: der Einstieg in die neue Firma. Bei Goodgame arbeiten junge Fachkräfte aus 50 verschiedenen Nationen. Wer neu nach Hamburg kommt, wird durch ein Onboarding-Team unterstützt bei Themen wie Bürgeramt, Wohnungssuche oder Kita-Platz. Ein Gebetsraum für gläubige MitarbeiterInnen ist in Planung. Vieles davon gab es zwar schon vor Bonos Arbeitsbeginn – mit ihrer Stelle soll das Wohlbefinden aber stärker ins Bewusstsein rücken.

„Das Unternehmen wächst schnell. Da ist es wichtig, auf die Zwischentöne zu hören und Austausch zwischen den Mitarbeitern zu schaffen“, sagt sie. Neu ist die Idee mit dem Wohlfühlen am Arbeitsplatz nicht: Schon in den Anfängen der New Economy schufen Firmengründer Freiräume zum Nachdenken und stellten Kickertische auf. Die Idee damals: Je vollständiger das Leben im Büro abgebildet wird, desto länger bleiben die MitarbeiterInnen. Das funktionierte freilich nur, solange sich die Angestellten bedingungslos in Projekte stürzten und sich einen Teufel um Arbeitszeiten scherten.

Dieser Trend bröckelt – glücklicherweise. „Es liegt nicht in unserem Interesse, die Mitarbeiter über ihre reguläre Arbeitszeit im Büro zu halten, sondern ihren Arbeitsalltag angenehmer zu gestalten“, sagt Bono. Sie selbst ist junge Mutter, pünktlicher Feierabend ist Pflicht. Damit ist sie nicht allein. Gerade die unter 30-Jährigen verweigern sich der Vereinnahmung durch die Unternehmen und fordern mit steigendem Erfolg selbstbestimmtere Arbeit.

„Arbeitszeit wird heute stärker wie Lebenszeit behandelt. Auch dieser Teil des Lebens soll eine hohe Qualität haben“, erklärt Monika Kraus-Wildegger von Goodplace. Kreativität, Selbstbestimmung und Sinnhaftigkeit der Tätigkeit sind wichtiger geworden. Die Firmen haben erkannt, dass es sich auszahlt, wenn die MitarbeiterInnen weniger und freier arbeiten: Sie sind ausgeruhter und produktiver, mit der Zufriedenheit der MitarbeiterInnen sinkt der Krankenstand.

Natürlich braucht es dafür mehr als „nur“ eine engagierte Feel-Good-Managerin. „Der Wille zur guten Arbeitsatmosphäre muss von der Geschäftsführung ausgehen. Nur dann kann meine Arbeit funktionieren“, sagt Bono. Immerhin: Wenn sich jemand offiziell um das Wohlbefinden der Belegschaft kümmert, wird das wichtige Thema stärker in den Fokus gerückt.