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: Gulli sprengt G-8-Gipfel

In ihrem Buch „Unter dem Gully liegt das Meer“ lassen Robert Habeck und Andrea Paluch den G-8-Gipfel sprengen.

Alter: ab 14

Story: Edda und Jasper leben auf der Insel Föhr und gehen in die 13. Klasse. Im Deutschunterricht liefern sie sich ein hitziges Gefecht über Antigone. Plötzlich entflammt zwischen beiden eine eigenwillige Liebe. Edda möchte gegen die Ungerechtigkeit der Welt aufbegehren, Jasper will seine Freiheit genießen. Um das Schicksal und Jasper herauszufordern, verlässt Edda kurz vor dem Abitur die Insel.

Der Zufall führt sie nach Berlin, in die Arme von Joey. Er gehört zu einer Gruppe von Autonomen, die sich auf den G-8-Gipfel vorbereiten. Sie haben eine Schreckbombe im Gully platziert, die die Politiker beim Bad in der Menge aufscheuchen soll. Vor der Abfahrt nach Heiligendamm ruft Edda Jasper an. Sie verabreden sich am Tag des Gipfeltreffens. Mit seinem Segelboot will Jasper Edda abholen. Doch dann wird Susan, die die Bombe zünden soll, bei einer Randale mit der Polizei erschossen. Jasper entschließt sich zu handeln …

Leserausch: Das Buch ist abwechselnd aus Eddas und Jaspers Perspektive geschrieben. Eddas Passagen wimmeln von Gedanken über Jasper, das Leben und die Welt. Bildliche Vergleiche mit einem Hauch von Poesie kontrastieren die politischen Fakten. Jaspers Blick entlarvt menschliche Widersprüche. Seine Erzählung ist von einem humorvollen Ton getragen. Die Handlung entwickelt sich in einem Mix von Rückblick und aktuellem Geschehen. Das ist spannend, aber sehr konstruiert. Die Geschehnisse bei den Tumulten hängen alle mit den Personen um Edda zusammen. Ständig laufen sich die richtigen Leute zum richtigen Zeitpunkt über den Weg. Die Globalisierungsgegner schrumpfen vor dem inneren Auge des Lesers zu einer Hand voll Berliner Bombenbastler zusammen.

Potter-Faktor: 3

Weltwissen: Die Zustände im Camp der Globalisierungsgegner und im Polizeikessel werden sehr realistisch beschrieben. Praxisnah erfahren die Leser, wozu man Schienbeinschoner in Motorradjacken näht und wie man Wasserpfeifen baut. Das Buch informiert gut über weltpolitische Zusammenhänge. Es übersetzt philosophische Fragestellungen überzeugend in Jugendsprachen und zeichnet den Selbstfindungsprozess der Figuren glaubhaft nach.

Dass das Autorenteam seine Zielgruppe mit diesem Vorgehen erreicht, hat ihr erstes, ganz ähnlich geschriebenes Buch gezeigt: „Zwei Wege in den Sommer“ wurde für den Deutschen Jugendbuchpreis 2007 nominiert.

Pisa-Faktor: 3 SARAH WILDEISEN

Robert Habeck, Andrea Paluch: „Unter dem Gully liegt das Meer“. Sauerländer Verlag 2007. 13,90 €