ETA kündigt Waffenruhe auf: Spaniens Regierung ist gescheitert
: Glaubwürdigkeit verspielt

Es ist ein echter Schlag ins Gesicht, den Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero gestern einstecken musste. Sein politischer Traum, den Spaniern nach 40 Jahren bewaffnetem Kampf endgültig den Frieden zu bringen, ist geplatzt wie eine Seifenblase. Als „Faschist“ muss er sich jetzt von der ETA beschimpfen lassen – dafür, dass er eine Verhandlungslösung gesucht hat.

Doch der Vorwurf, den die ETA erhebt – die Regierung habe nichts unternommen, um auf die Separatisten zuzugehen –, ist schlicht falsch. Ein Gefangener, der sich im Hungerstreik befand, wurde trotz vieler Proteste aus dem Gefängnis entlassen. Leute aus dem politischen Umfeld der ETA konnten vielerorts wieder an den Wahlen teilnehmen – und das, ohne sich zuvor von der Gewalt zu distanzieren, wie es das Parteiengesetz verlangt.

Die Regierung schaute noch weg, als trotz des Waffenstillstands bei spanischen Unternehmern Erpresserbriefe eingingen. Und auch, als ETA-Kader in Südfrankreich Waffen stahlen. Selbst als die Separatisten zum Jahreswechsel eine Bombe im Madrider Großflughafen legten, rissen die Kontakte nie ganz ab.

Diese großzügige Haltung brachte Zapatero harsche Kritik von der konservativen Opposition ein. Immer wieder ging sie auf die Straße und warf den Sozialisten vor, Zugeständnisse an die Gewalt zu machen. Bei den Kommunal- und Regionalwahlen Ende Mai musste Zapatero deshalb Stimmenverluste einstecken.

Jetzt ist die Zeit zum Umdenken gekommen. Doch Schadenfreude wäre ebenso fehl am Platz wie jeder weitere Versuch, ETA erneut an den Verhandlungstisch zu bekommen. Die einzige wirkungsvolle Antwort wäre eine gemeinsame Front aller demokratischen Kräfte und eine klare Absage an jede Gewalt. Denn ETA versteht nur eine Sprache: die einer starken Zivilgesellschaft – und der effektiven Arbeit des Rechtsstaates mit seinen Ermittlungsbehörden und Richtern.

Wer so mit dem Friedenswillen von Millionen Menschen spielt wie ETA, hat seine Glaubwürdigkeit verloren – ein für allemal. REINER WANDLER