Wilde Musik? Entsorgen!

Der Tingel-Tangel einmal quer über die Sommerfeste diverser europäischer Oldiesender scheint das späte Los so vieler einstmals in den lichten Höhen des Popstardaseins angebeteter Großverdiener zu sein. Das vermeintlich Beste aus drei oder vier Jahrzehnten wird von den mit Rundfunklizenz ausgestatteten Sendboten Satans durch permanente Wiederholung in ein apokalyptisches Mantra verwandelt, geeignet das Himmelstor zum Einsturz zu bringen. Der perfideste Sproß dieser Schule sind übrigens die „Klassik“sender, die das Beste aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert, sowie von Hans Zimmer komponierte Filmmusiken auf die selbe Weise bis zum völligen Überdruß auf den Rieselfeldern, als die sie ihr Publikum zu betrachten scheinen, ausschütten. Und die genannten Sommerkonzerte dieser Anstalten zur Banalisierung eigentlich noch ganz annehmbarer Kulturwerte sind der Gipfel des Ganzen. Open Air, mit Bierausschank und Bratwurstständen werden den krebsrot gebrannten Gästen im Mengenrabatt Künstler wie die Puhdys, Jennifer Rush und Harpo vorgesetzt, der vermutlich niemals genug wird trinken können, um dieses furchtbare Moviestar-Lied aus seinem Kopf zu bekommen.Einschränkend muss jedoch gesagt werden, dass auf diesen Sommerkonzerten wenigstens noch Eintritt bezahlt wird. Ein gewisser Wille der Musik zuzuhören muss also erkennbar sein. Anders ist das beispielsweise beim Festival der Stadtwerke Potsdam. Umsonst und draußen wird dort unter anderem Kim Wilde den Anwesenden zum Fraße vorgeworfen. Dass jener armselige Deborah Harry-Verschnitt, dessen von mediokren Liedchen (“Kids in America“, „Chequered Love“) geprägtes Debütalbum bereits ein Fall für die Tonne war, jetzt von den Abfallgebühren der PotsdamerInnen quersubventioniert wird, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Kaufhauseröffnungen und Kreuzfahrten wären vielleicht auch geeignete Auftrittsorte für die passionierte Landschaftsgärtnerin. Kim Wilde ist dabei in guter Gesellschaft: Simple Minds, Robin Gibb und auch die Pseudorocker der DDR-Combo City bespielen den Potsdamer Neuen Lustgarten ebenfalls zu Ehren des kommunalen Ver- und Entsorgers.

War dieses Ende zu ahnen? Damals, als die junge aufstrebende Sängerin noch Charts erstürmte? Ja. Doch. War es. Der charakterlose Retortenpop und das nichtssagende Stimmchen waren von Anfang an als solche zu erkennen. Die Verankerung der ganzen Familie „Wilde“ im Musikgeschäft ist zwar keine Schande, garantierte in diesem Falle jedoch nur den nötigen kommerziellen Riecher, nicht jedoch musikalische Qualität. Daniél Kretschmar