LESERINNENBRIEFE
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Bibel zu positiv gesehen

■ betr.: „Muslim beleidigt, weil Koran zitiert wird“, taz vom 28. 10. 14

Deniz Yücel sieht die Bibel wohl doch zu positiv. Mit dem Koran kenne ich mich nicht aus, aber der Pentateuch, die „fünf Bücher Mosis“, beansprucht ebenfalls, von Gott selbst zu stammen. Die meisten Texte dort werden eingeleitet mit: „Und Gott sprach zu Mose“, und dann folgen Vorschriften. Im Umgang mit „Ungläubigen“ sind diese Gebote keineswegs „zurückhaltend“: Wenn zum Beispiel eine ganze Stadt (!) vom „rechten Glauben“ abfällt, dann sollen nicht nur die Menschen, die darin leben, erschlagen werden, nein, auch das Vieh in der Stadt soll getötet werden (Deuteronomium 13, 1–19).

Vielleicht besteht der wichtigste Unterschied zwischen diesen beiden „heiligen Schriften“ eher darin, dass die allermeisten Christen „ihre Bibel“ eigentlich gar nicht kennen. WINFRIED SCHUMACHER, Köln

Selber denken

■ betr.: „Muslim krass beleidigt“, taz.de vom 28. 10. 14

Also, wenn’s der Mann echt ernst mit dem Thema meinte, könnt ich’s vielleicht noch verstehen, obwohl so ein Thema sicher nicht zum Spotten taugt. Außerdem kann ich nicht verstehen, dass in Sachen Religion viele das Hirn abschalten. Der Schöpfer hat uns Menschen doch die Möglichkeit gegeben, selber zu denken. Ich denke wir brauchen keine Vorturner, Schriftgelehrte. Bibel, Koran usw. sind doch keine Betriebsanleitungen. Was in der Bibel oder im Koran steht, bezieht sich auf die damalige Zeit. Die RKK ist ein Debattierklub, wo ewig alte Männer an den Glaubensthesen rumbasteln. Müssen wir nun jeder Anweisung unserer Vorbeter folgen, oder dürfen wir selber ein bisschen mitdenken!?

GEORG SCHMIDT, taz.de

Religionskritik

■ betr.: „Muslim krass beleidigt“, taz.de vom 28. 10. 14

Der Punkt, auf den Deniz Yüzel zielt und der hier offenbar von vielen entweder nicht verstanden oder gezielt missverstanden wird, ist die Haltung vieler Muslime zur Meinungsfreiheit. Und da reiht sich dieser Vorfall halt ein in eine lange Kette des Permanent-beleidigt-Seins. Und dieses Beleidigtsein ist halt nicht nur ein stilles Schmollen im Winkel, sondern hat, wie diverse Anschläge im Zusammenhang mit dem Buch von Salman Rushdie zeigen, teilweise mörderische Auswirkungen. Nuhr hat, wenn ich das richtig sehe, niemanden persönlich beleidigt. Warum aber eine Religion nicht derselben Kritik ausgesetzt werden darf wie jede andere Weltanschauung, leuchtet mir einfach nicht ein. SCHALAMOW, taz.de

Das Streikrecht ist zu schützen

■ betr.: „Kleingewerkschaften kommen an die Kette“, taz vom 30. 10. 14

Mit der Agenda 2010 haben Schröder, Müntefering und Steinmeier „die kleinen Leute“, die die SPD immer vertreten hatte, verraten und sich der „neuen Mitte“ zugewandt. Und den Mächtigen im Lande. Folge waren Minijobs, ausufernde Zeitarbeit, Werkverträge für ausländische Metzger in der Fleischindustrie. Alle mit Löhnen, von denen niemand mehr leben kann. All dies hat die SPD zu verantworten, in dieser Tradition stehen Nahles und Gabriel: der Mindestlohn, der seinen Namen nicht verdient; das Geschenk der Rente mit 63 an den einen Jahrgang, der das Glück hatte, immer Arbeit zu haben; die Zerstörung der erneuerbaren Energien; die Ausweitung der Rüstungsexporte; die Anbiederung an die Großindustrie, der man willfährig ist. Das ist SPD-Politik. Folgerichtig ist nunmehr die Zerschlagung der Kleingewerkschaften: Interessenvertretung für den DGB und die Mächtigen der Wirtschaft durch die SPD. Das sowieso eingeschränkte Streikrecht aber (Generalstreik verboten) sollte uns „heilig“ sein und ist deshalb unbedingt zu schützen. HARALD GOLDMANN, Salzgitter