LESERINNENBRIEFE
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Slutwalk ist feministischer Protest

■ betr.: „„Klar will ich’s, aber nicht von dir“, taz vom 28. 6. 11

Na vielen Dank! Da werden euch sicher alle Überlebenden von Vergewaltigungen dankbar sein, dass ihr es geschafft habt, die Bewegung aufs äußere Erscheinungsbild zu reduzieren. Wer was während der Slutwalks trägt, bleibt allen selbst überlassen, es gibt keine Dresscodes. Die Botschaften der Slutwalks sind untrennbar mit den Demonstrierenden, die sie verkünden, verknüpft. Der Slutwalk ist nicht eine Demo der Spaßgeneration oder von „provokant“ und freizügig gekleideten Mädels, die so gerne „Schlampen“ wären, sondern eine Form des feministischen Protestes und kommt von ernsthaften Menschen, die sich ernsthaft mit den Überlebenden von Vergewaltigungen solidarisieren oder mit solchen, die mit dem Begriff „Schlampe“ beschimpft werden. Aber Solidarität kann sich in dieser Gesellschaft scheinbar schon gar keiner mehr – und schon gar nicht bei der taz – vorstellen. Und männliche Solidarische gibt’s innerhalb derer, die Kommentare schreiben, auch leider viel zu wenige.

Auch die Bild-Auswahl ließ doch sehr zu wünschen übrig. Es sind genügend Fotos im Umlauf von Menschen, die Plakate in der Hand halten und nicht im BH posieren. Die Veranstalterinnen in Berlin etwa weisen auf genügend Seiten darauf hin, dass sie keine Schlampen sein wollen. Vielmehr betonen sie, den Begriff „Schlampe“ zu rekontextualisieren. BIRGIT LALOWSKI, Berlin

Schlechte Arbeitsbedingungen

■ betr.: „Wir müssen genauer hinschauen“, Interview mit der HRK-Präsidentin Margret Wintermantel, taz vom 27. 6. 11

Unter welchen Bedingungen kommt denn das Gros der Promotionen zustande? Wie, womit finanzieren die DoktorandInnen ihren Lebensunterhalt und damit auch den Beitrag, den sie „der Wissenschaft“ erbringen sollen? Diejenigen, die einen befristeten Teilzeit-Arbeitsplatz an der Universität ergattert haben, werden zugeschüttet mit promotionsfernen Aufgaben und haben seit der Bologna-Reform einen erklecklichen Anteil an der dringend benötigten Lehrleistung zu erbringen (selbstverständlich ohne didaktisch-methodische Unterweisung).

Diejenigen, die noch nicht einmal einen Job als HiWi an der Universität haben, dafür vielleicht ein Stipendium, müssen lernen, in der Einsamkeit ihres häuslichen Schreibtisches und jenseits regelmäßiger Kontakte mit der scientific community nicht zu verkümmern und ihre Motivation aufrechtzuerhalten, auch wenn es kein Umfeld gibt, das sich für sie und ihre Arbeit interessiert. In meiner Berufspraxis (Frauenreferentin an einer Universität) habe ich viele DoktorandInnen erlebt, die über Monate keinen Kontakt zu „Doktorvater“ bzw. „-mutter“ hatten, die während ihrer gesamten Promotionszeit nie angesprochen wurden für einen Beitrag im Rahmen einer Tagung, die sich vielleicht auch nie an die Frage herangetraut haben, was sie denn billigerweise von einem Betreuer erwarten dürfen (denn er ist ja gleichzeitig auch der Bewerter). Letzteres ruft in angelsächsischen Ländern Verwunderung hervor.

Ein Blick auf die Arbeitsbedingungen der HochschullehrerInnen respektive auf die Finanzierung von Hochschulen rundet das Bild ab: Mit Abschaffung der C-Besoldung ging die Absenkung der Grundeinkommen eines ganzen Berufsstandes einher; einige können das wettmachen über Leistungszulagen. ProfessorInnen und Hochschulen erhalten einen Teil ihres Einkommens bzw. ihrer Haushaltsmittel auf der Grundlage von Kennzahlen und Zielvereinbarungen. Die Zahl der abgeschlossenen Promotionen (Studienabschlüsse, eingeworbene Drittmittel, Veröffentlichungen…) ist eine davon. Über Qualität sagen diese wenig aus, die lässt sich leider nicht so einfach in Kennzahlen abbilden.

Die Plagiatsaffären sind ein Symptom des Exzellenzrummels unter Wettbewerbsbedingungen, die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen all jener, die sich auf befristeten und schlecht bezahlten Jobs ihr Interesse an der Wissenschaft leisten, ein anderes. Dass sich die HRK 1[1]/2 Jahre Zeit lassen will, um Empfehlungen zu formulieren – Donnerwetter! Hier ist endlich mal Entschleunigung angesagt. CLAUDIA WINTER, Trier