Klimametropole unter Kohlestrom

Der Hamburger Senat will ein Kohlekraftwerk bauen, das sehr groß, aber auch besonders effizient sein soll. Seinen klimapolitischen Ehrgeiz sieht er dadurch nicht in Frage gestellt: Der Standort eines Kraftwerks sei nicht entscheidend

Die Pläne für ein riesiges Kohlekraftwerk strapazieren die Glaubwürdigkeit von Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust. Der CDU-Mann hatte versprochen, den Stadtstaat an der Elbe zur Klimaschutz-Metropole zu machen. Doch das von Vattenfall beantragte Steinkohlekraftwerk mit zwei Blöcken à 865 Megawatt Leistung wird sieben Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) pro Jahr erzeugen. 2004 hat Hamburg knapp 19 Millionen Tonnen verursacht. Aus Sicht von Umweltsenator Axel Gedaschko (CDU) verbessert das neue Kraftwerk die CO2-Bilanz der Stadt eher, als dass es sie verschlechtern würde, denn es arbeitet effizienter als alte Kraftwerke. Im übrigen führe an der Kohle kein Weg vorbei, so Gedaschko.

Der Senator plädiert dafür, zwischen Verursacher- und Quellenbilanz zu unterscheiden. Die Quellenbilanz erfasst das CO2, das in Hamburg durch Kraftwerke, Heizungen und Autos freigesetzt wird. Die Verursacherbilanz ist umfassender: Sie erfasst das CO2, das durch den Energieverbrauch der Hamburger erzeugt wird: 19 Millionen Tonnen im Jahr, elf Tonnen pro Kopf. Ob der Strom, der in der Stadt verbraucht wird, von einem Hamburger Kraftwerk erzeugt wird oder anderswo, ist dabei gleichgültig.

Ein noch so großes Kohlekraftwerk könnte demnach die CO2-Bilanz Hamburgs nicht verschlechtern. „Es zählt die Verursacherbilanz“, sagt Umweltstaatsrätin Herlind Gundelach (CDU). Gedaschko gibt sich überzeugt, dass das Kohlekraftwerk, wenn es nicht in Hamburg entstünde, halt anderswo gebaut würde. Als Millionenstadt am schiffbaren Wasser sei Hamburg als Standort aber besonders geeignet: Der Brennstoff lässt sich umweltfreundlich herbeischaffen. Der Fluss sorgt für Kühlwasser und steigert damit die Effizienz des Kraftwerks. Weil viele Menschen in der Nähe wohnen, kann Fernwärme ausgekoppelt werden. Das steigert dem Senat zufolge den Wirkungsgrad auf 57 Prozent – gegenüber gut 30 Prozent bei Kohlekraftwerken aus den 60er Jahren.

Der Umweltsenator versicherte, es solle aus beiden Kraftwerksblöcken „soviel Fernwärme wie möglich“ ausgekoppelt werden. Außerdem werde das Kraftwerk so gebaut, dass später eine CO2-Abscheidung möglich sei. GERNOT KNÖDLER