Frontex wartet auf Schiffe und Helikopter

Brüssel rügt Mitgliedstaaten. Sie halten Zusagen nicht ein, die Patrouillen des EU-Grenzschutzes zu unterstützen

Frattini rechnet für diesen Sommer wieder mit einer dramatischen Flüchtlingslage

BRÜSSEL taz ■ EU-Justizkommissar Franco Frattini hat gestern die europäischen Regierungen angemahnt, sich mehr um die Flüchtlingssituation im Mittelmeer zu kümmern. „Wir müssen über eine bessere Lastenverteilung nachdenken“, sagte der Italiener in Brüssel. Es sei nicht hinnehmbar, dass Länder wie Malta oder Zypern mit dem Flüchtlingsansturm im Mittelmeer allein gelassen würden. Erst vergangene Woche war es im Mittelmeer zu dramatischen Szenen gekommen. Insgesamt 27 Afrikaner trieben drei Tage lang auf hoher See und hielten sich an Thunfischnetzen fest, während sich Malta und Libyen über ihre Rettung stritten. Letztlich wurden die Flüchtlinge von der italienischen Marine in Sicherheit gebracht.

„Beim Treffen der Innenminister nächste Woche in Luxemburg werde ich an die anderen Länder appellieren, ihren Solidaritätsbekundungen endlich Taten folgen zu lassen“, kündigte Frattini an. 115 Boote, 25 Helikopter und 23 Flugzeuge seien der Grenzschutzagentur Frontex zugesagt worden. Doch angekommen seien bislang lediglich zwei Hubschrauber aus Deutschland, einer aus Frankreich und 20 Schiffe aus mehreren Mitgliedsländern.

Frattini erwartet für diesen Sommer eine ähnlich dramatische Lage im Mittelmeer und Atlantik wie in den beiden vergangenen Jahren. Für Freitag hat er die nationalen Verbindungsleute der Küstenüberwachung zusammen mit Frontex-Beamten nach Brüssel eingeladen. Die Rettungskapazitäten müssen besser gebündelt und rechtliche Probleme, die beim Eindringen in fremde Hoheitsgewässer entstehen, müssen geklärt werden.

Auch die Verteilung der Flüchtlinge müsse besser funktionieren, forderte Frattini. „Schon jetzt gibt es das Instrument einer Umsiedlung innerhalb der EU. Es wird aber zu selten angewandt.“ Schweden, Finnland und die Niederlande hätten in der Vergangenheit einige Dutzend Flüchtlinge aus überfüllten Lagern im Süden aufgenommen, doch das sei ein Tropfen auf den heißen Stein. „Malta muss Schiffbrüchige retten. Aber es muss sicher sein können, dass die geretteten Menschen nicht alle in Malta bleiben.“

Derartige Umsiedlungen funktionieren in der Praxis schlecht, wie ein gestern ebenfalls von der Kommission vorgelegter Zwischenbericht über die Fingerabdruck-Datenbank Eurodac belegt. Sie erfasst alle Asylbewerber und illegal aufgegriffenen Flüchtlinge in der Schengen-Zone der EU. Damit soll sichergestellt werden, dass niemand mehrfach Asyl beantragt. Das Asylverfahren muss entsprechend dem Dubliner Abkommen in dem Land durchgeführt werden, wo der Flüchtling in die EU eingereist ist. In den Jahren 2003 bis 2005 stellten elf Prozent der Asylbewerber ihren Antrag im falschen Land – das waren 40.000 Fälle. Überstellt aber wurden nur knapp 17.000 Menschen – die übrigen tauchten unter oder gingen irgendwo in der Statistik verloren.

DANIELA WEINGÄRTNER