Schwarz-Grün ganz blass

Kandidatur von GALier Jo Müller zum Bezirksamtsleiter Altona zurückgezogen. Grüner Kreisparteitag votierte gegen ihn. CDU und Grüne wollen noch vor der Sommerpause Ersatz gefunden haben

Von Sven-Michael Veit

Im Rathaus Altona hängt der Haussegen weiterhin bedrohlich schief. Und das, obwohl der schwarz-grüne Kandidat für den Posten des Bezirksamtsleiters, Jo Müller, gestern Morgen seinen Rückzug erklärt hat. Zuvor hatte ein Kreisparteitag der Altonaer Grünen in der Nacht zu gestern seine Bewerbung mit Zweidrittel-Mehrheit abgelehnt. Bei dem „enormen Gegenwind“, so Müller gestern in einer Presseerklärung, verzichte er. So wurde die Neuwahl eines Bezirksamtsleiters kurzfristig von der Tagesordnung der Bezirksversammlung Altona gestrichen.

Eine dreiviertelstündige hitzige Debatte waren die Vorkommnisse dem Bezirksparlament gestern Abend dennoch wert. Noch-Amtsinhaber Hinnerk Fock (FDP), den CDU und GAL durch Müller ersetzen wollten, rief seine Kritiker auf, „sich wegen unserer gemeinsamen Verantwortung für den Bezirk zu bewegen“. Sein Gesprächsangebot allerdings nahm nur Thomas Adrian, Fraktionschef der oppositionellen SPD, ausdrücklich an.

CDU-Fraktionschef Uwe Szczesny und GAL-Fraktionsvize Winfried Sdun hingegen erneuerten vornehmlich altbekannte Vorwürfe und bekräftigten ihre Absicht, einen neuen gemeinsamen schwarz-grünen Kandidaten zu suchen. Eine „schnelle und elegante Lösung“ schwebt Szczesny noch vor der Sommerpause in vier Wochen vor. Erste Gespräche sollen am Wochenende stattfinden, bestätigte Sdun.

Weitgehend ohne die befürchteten persönlichen Verunglimpfungen war die GAL-Versammlung im Kultwerk West verlaufen. Die Parteivorsitzende Anja Hajduk, die Fraktionschefin in der Bürgerschaft und designierte Spitzenkandidatin für die Bürgerschaftswahl, Christa Goetsch, und Altonas Kreisvorsitzende Dorothee Freudenberg begründeten vor fast 100 ParteifreundInnen ihre Ablehnung Müllers.

Der 60-jährige Ur-Realo gilt in weiten Teilen der GAL, die er traditionell mit weitschweifigen Parteitagsreden und erfolglosen Kandidaturen für Landesvorstand oder Bundestagsmandate zu unterhalten pflegt, als unzuverlässiger Hasardeur. Voll entbrannt war der Zwist vorige Woche nach seiner Nominierung zum Verwaltungschef im Altonaer Rathaus. Entgegen interner Absprachen hatte Müller zu landespolitischen Fragen Stellung genommen und Schwarz-Grün für Hamburg empfohlen.

Daraufhin hatte der Parteivorstand, der im Wahlkampf auf die politische Eigenständigkeit der GAL setzt und eine klare Präferenz für einen rot-grünen Senat hat, Müllers Rückzug verlangt. Am Dienstagabend hatte der 28-köpfige Landesausschuss der GAL, höchstes Gremium zwischen den Parteitagen, dieses Vorgehen einhellig gebilligt. Die Altonaer Bezirksfraktion aber hielt eisern an Müller fest.

Nachdem auch die Altonaer Basis sich eindeutig gegen Müller ausgesprochen hatte, fiel die Entscheidung auf einer spontanen Fraktionssitzung mit Müller und Gefolge in einer Altonaer Kneipe. Kurz vor ein Uhr ließ die SMS, Müller werde am Donnerstagmorgen seinen Verzicht erklären, zwei Spitzengrüne aufatmen, die in kleiner Runde beim Griechen am Spritzenplatz in Ottensen der Erlösung harrten.

Sie sei „erleichtert“, so Kreischefin Freudenberg gestern, „dass der Konflikt letztlich offen ausgetragen wurde, ohne den Laden zu zerlegen“. Und stellte sogleich klar, dass die Kommunikation bei Altonas Grünen besser werden müsse: „Nochmal darf so etwas nicht so schiefgehen.“