KURZKRITIK: ANDREAS SCHNELL ÜBER „CORVUS – SECOND NATURE“
: Wie die Tiere

Wenn Tiere herhalten müssen, um etwas über den Menschen zu sagen, kommt dabei meist nichts heraus als ein Vorurteil über „den Menschen“, dem recht willkürlich ein vermeintliches Pendant aus der Tierwelt übergestülpt wird, wie’s grad am besten passt.

Das Bremer Tanzkollektiv, ein Zusammenschluss ehemaliger Urs-Dietrich-Tänzer, hat sich vom Raben (lateinisch: Corvus) inspirieren lassen, dem Konrad Lorenz überdurchschnittliche Intelligenz und komplexes Sozialverhalten attestierte. Das vierköpfige Ensemble aus den ehemaligen Bremer Tanzensemble-Mitgliedern Magali Sander Fett, Miroslaw Zydowicz und Thomas Bünger mit Gast Rita Aozane Bilibio machte sich in der Choreografie von Sander Fett auf die Suche nach dem Raben in uns. Dabei zünden sie die stärkste Szene schon am Anfang. Zu technoider, Blitzlicht-umwitterter Musik von Sounddesigner Jonas Wiese, von einer Lautsprecher-Armada in den Raum gepresst, entwickelt das Quartett eine kraftvolle Körpersprache zwischen Rave, flatterndem Vogeltippeln und zeitgenössischem Tanz.

Im Weiteren verliert der einstündige Abend an Dynamik und Stringenz. Passagen aus einem ornithologischen Buch werden gefolgt von Versen aus Schuberts „Winterreise“, später ein wenig Portugiesisches vom Band, eine Leinwand liefert eine dritte Ebene: Jagdszenen. Davor entfaltet sich auf der Bühne ein oft unkonzentriert wirkendes Geschehen, das sich im Wesentlichen darin erschöpft, Nähe und Distanz zu erproben. Hinterher ist man leider nicht immer schlauer.

Nächste Vorstellung: 21. November, 20 Uhr, Kleines Haus