DER KOMMENTAR

Eskalierende Polizei-Pressearbeit

Am Mittwoch gab es zwei Realitäten in der Umgebung von Heiligendamm: Die Menschen, die bei den Blockaden dabei waren, erlebten tausende fröhliche, bunte Menschen, die – teils sitzend, teils tanzend – die Straßen blockierten. Entschlossen, aber friedlich, auch als die Polizei kurzzeitig Wasserwerfer, Schlagstöcke und Tränengas einsetzte. Die Menschen, die die Blockade-Meldungen von Polizei, Nachrichtenagenturen und Online-Medien am Computer verfolgten, bekamen ein ganz anderes Bild präsentiert: Dort wimmelte es von Steinwürfen, Ausschreitungen, vermummten Autonomen und Molotowcocktails.

Schuld an dieser verzerrten Version des Geschehens ist zum einen die Pressestelle der Polizei. Bei den großen Blockaden gab es keine Steinwürfe. Wenn es sie an anderer Stelle gegeben haben sollte, waren sie zumindest nicht im Geringsten repräsentativ für das Geschehen des Tages. Zum anderen haben einige Medien diese Berichte unkritisch und ungeprüft übernommen – selbst wenn die Korrespondenten vor Ort ganz andere Beobachtungen gemacht haben.

Die einseitigen Pressemeldungen der Polizei setzen dabei eine Reihe wenig seriöser Informationen fort. Von ursprünglich angeblich 30 schwer verletzten Polizisten am Samstag in Rostock ist mittlerweile einer übrig, der zumindest am Montag noch im Krankenhaus war. Die „Säure-Angriffe“ durch die Demo-Clowns ließen sich nie bestätigen. Journalisten, denen bevorstehende Autonomen-Attacken angekündigt wurden, erlebten vor Ort ein friedliches Bild.

Die Einsätze der Polizei vor Ort waren an vielen Stellen tatsächlich deeskalierend. Auch die Pressestelle sollte sich daran beteiligen und auf Eskalation verzichten. MALTE KREUTZFELDT