Alles eine Frage der Seitenzahl

Oldenburg fühlt sich abgekoppelt: Aus Sicht der Bremer Fahrplanmacher ist die Nachbarstadt datentechnische „Spielmasse“. Da hilft auch die gemeinsame „Metropolregion“ nicht wirklich

VON HENNING BLEYL

„Metropolregionen“ sind in. Auch Bremen und Oldenburg wollen auf allen Ebenen ihre Kooperation verstärken. Die Universitäten bieten gemeinsame Studiengänge an, die Tanzsparten der jeweiligen Theater sind bereits zur „Compagnie Nordwest“ vereint. Natürlich müssen auch „harte“ Faktoren wie Gewerbeansiedlung und Verkehrspolitik synchronisiert werden. Umso mehr fällt da auf, wenn das Bremer Städteverbindungsheft zwischen „Nürnberg“ und „Osnabrück“ eine Lücke hat.

Die „Städteverbindungen“, die jeder größere Bahnhof mit den jeweils wichtigsten „Relationen“ herausgibt, ist eine Art Bibel für Bahnfahrer. Zwar kein komplettes Kursbuch, aber doch – neben Internet und gebührenpflichtiger Telefonauskunft – der entscheidende Überblick. In Oldenburg ist man daher wenig amused, dass die Bremer gut 70 andere Städte wichtiger finden als die eigene „Metropol“-Partnerin. „Das kann ich nicht nachvollziehen“, sagt der Oldenburger Bahnhofsmanager. „Wir haben Bremen doch auch drin.“

Da ist es auch kein wirklicher Trost, dass die 46 täglich zwischen Bremen und Oldenburg verkehrenden Züge in der ab Sonntag gültigen Überarbeitung der „Städteverbindungen“ wieder Aufnahme gefunden haben. Oldenburg bleibe aus Bremer Sicht „Spielmasse“, erklärt ein Mitarbeiter des dortigen Bahnhofs – „mal ist Platz, mal nicht“. Diesmal hat Oldenburg wieder Glück: Die aktualisierte Auflage ist fünfzig Seiten dicker.

Mit diesem Hin und Her will sich der Sprecher der Stadt Oldenburg nicht zufrieden geben. Er werde umgehend den Oberbürgermeister informieren, der wiederum müsse gegenüber der Bahn seinen Einfluss geltend machen. Immerhin sei Oldenburg die viertgrößte Stadt Niedersachsens und im Jahr 2016 – so haben es die DemoskopInnen errechnet – sogar Nummer drei.

Darüber hinaus ist Oldenburg „Taktknoten“. Nicht umsonst sind etliche über die Huntestadt hinausgehende Verbindungen wie Wilhelmshaven oder Leer im Bremer Heft gewürdigt. Selbst die Verbindungen nach Flensburg oder Hildesheim sind sorgsam aufgeführt – und fahren wirklich mehr Bremer nach Passau als in das als Einkaufsstadt beliebte Oldenburg?

„Dahinter steckt keine böse Absicht und keine Systematik“, sagt der für Niedersachsen und Bremen zuständige Sprecher der Deutschen Bahn – wobei es schon etwas mit Nachfrage zu tun habe. In der Tat scheint der Teufel im Detail zu stecken: Neben IC und ICE verkehren zwischen den Partnerstädten vor allem Nahverkehrszüge – die aber werden bei der Relevanzerhebung nicht berücksichtigt.

Die drucktechnische Regionalposse verweist freilich auch auf das Problem „kleiner Partner – großer Partner“: Der Bremer Hauptbahnhof gehört zur bahninternen „Kategorie I“ und ist als solcher in allen Fahrplänen „gesetzt“, Oldenburg hingegen rangiert eine Kategorie tiefer. Der Sprecher des Bremer Verkehrssenators zeigt sich denn auch entspannt: „Am Städteverbindungsheft der Deutschen Bahn wird die Metropolregion Bremen–Oldenburg nicht zugrunde gehen.“

Die Aussage lässt substantielle Initiativen erwarten: Denn bislang lebte die angestrebte neue Raumordnungspolitik gerade durch symbolisches Handeln.