Pathos im Praxistest

Voilá: Der ICE fährt von Frankfurt nach Frankreich und macht Saarbrücken zu einem ruhigen Vorort von Paris

Es dürfte wohl kaum ein zweites offizielles Versöhnungswort geben, das so häufig belächelt wird wie das besonders pathetische von der „deutsch-französischen Freundschaft“. Mitterand und Kohl beim Händchenhalten? Eben. Und doch wird sich an diesem Sonntag etwas ereignen, das in der langen gemeinsamen Geschichte der beiden Länder bisher undenkbar schien.

Dann wird um 8.29 Uhr in Frankfurt am Main ein ICE abfahren und pfeilschnell Landschaften wie das Hessische Ried, die Pfalz, das Saarland, Lothringen und die Champagne durcheilen, um kaum vier Stunden später in Paris einzulaufen. Ach, wenn der deutsche Generalfeldmarschall Alfred Graf von Schlieffen das noch erleben könnte! Oder der französische Kriegsminister André Maginot! Es würde beiden nicht gefallen.

Denn die neue Bahnverbindung, an der mehr als 20 Jahre gearbeitet wurde, verbindet nicht nur die zwei wichtigsten Nationen Europas miteinander – sie degradiert, nebenbei, auch „Schlieffenplan“ und „Maginotlinie“ und die ganze „Erbfeindschaft“ überhaupt endgültig zu einem gruseligen Kuriosum. Mehr noch: Wer um 10.48 in Saarbrücken in den ICE steigt, ist laut Fahrplan um 12.41 in Paris.

Womit das Saarland gewissermaßen im gefühlten S-Bahn-Bereich der französischen Hauptstadt liegt. Oder, wie es dazu im Deutschlandradio hieß: „Saarbrücken gehört jetzt zur Pariser Banlieue“. Incroyable. FRA