Kritik wegen CIA-Verschleppungen

Sonderermittler des Europarates wirft Berlin schwere Versäumnisse im Fall El Masri vor

PARIS ap/afp ■ Der Sonderermittler des Europarates hat am Freitag einen brisanten Bericht über Verschleppungen und Geheimgefängnisse des CIA in Europa vorgelegt. Dem Bericht Dick Martys zufolge unterhielt die CIA von 2003 bis 2005 illegale Gefängnisse in Rumänien und Polen, und dies mit der Erlaubnis der Präsidenten Ion Iliescu und Aleksander Kwaśniewski. Polen und Rumänien wiesen die Vorwürfe Martys umgehend zurück. „Es hat keine Geheimbasen in Polen gegeben“, sagte der Sprecher des polnischen Außenministeriums, Robert Szaniawski, am Freitag in Warschau. Polen warte darauf, Einzelheiten und Beweise für Martys Anschuldigungen vorgelegt zu bekommen. Auch die rumänische Regierung bestritt Martys Vorwürfe.

Im ersten Teil seines Berichtes hatte Marty vor einem Jahr lediglich von Hinweisen für Geheimgefängnisse in Osteuropa für Terrorverdächtige geschrieben. Die Regierungen von 14 EU-Staaten hätten Kenntnisse über Verschleppungen der CIA gehabt. „Was bisher Vermutungen waren, ist jetzt bewiesen“, heißt es nun. „Eine große Zahl von Menschen wurde an verschiedenen Orten der Welt entführt und in Länder gebracht, wo die Folter eine verbreitete Praxis ist.“

Der Schweizer Jurist beruft sich auf CIA-Mitarbeiter sowie auf die Auswertung von Flugbewegungen. Auch Deutschland wird wegen des Umgangs mit Khaled El Masri kritisiert. Den Fall des 2004 nach Afghanistan verschleppten und dort gefolterten El Masri behandele die Bundesregierung wie ein „Staatsgeheimnis“. Die Aufklärung und Entschädigung des Unschuldigen werde so verhindert. Erstmals nennt der Bericht Einzelheiten über die „Rückführung“ El Masris, nachdem die CIA ihren Irrtum feststellte, dass der Deutsche keine Verbindungen zum Terror habe. Es gebe nur einen Grund, warum die verantwortlichen Regierungen dies nicht vorher herausbekommen hätten, schreibt Marty: „Sie waren nicht an der Wahrheit interessiert.“ Laut seinem Bericht wurde El Masri 2004 von der CIA von Mazedonien nach Afghanistan gebracht, wo er monatelang in einer winzigen Betonzelle festgehalten wurde – auch nachdem klar war, dass ihm nichts vorzuwerfen sei. Am 28. Mai 2004 wurde er dann in einer von der CIA gecharterten Maschine zum albanischen Luftwaffenstützpunkt Bezat-Kucova gebracht und ohne Orientierung ausgesetzt, so Marty unter Berufung auf mehrere Dokumente. Von dort erreichte er einen Grenzposten, „offensichtlich an der mazedonisch-albanischen Grenze“. El Masri wurde dann von Polizisten aufgegriffen und nach Tirana gebracht. In der albanischen Hauptstadt wurde er in ein Flugzeug nach Frankfurt gesetzt, in seinem Pass befindet sich ein Ausreisestempel vom 29. Mai 2004.

Obwohl der Untersuchungsausschuss des Bundestages seine Arbeit noch nicht abgeschlossen habe, gebe es an El Masris Aussagen über seine Verschleppung keinen Zweifel mehr, so Marty. Dass die Bundesregierung auch Jahre nach den Vorfällen mit dem Hinweis auf Staatsgeheimnisse die Aufklärung verhindere, „ist für eine demokratische Gesellschaft nicht hinnehmbar“. Die Bundesregierung wies die Vorwürfe zurück. Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg erklärte in Berlin, die Bundesregierung habe Marty und den Gremien des Bundestages stets ihre Erkenntnisse übermittelt.