OFF-KINO

Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Irgendwie ist Marcel Ophüls’ Dokumentation „Novembertage – Wege und Stimmen“ über die Jahre zum inoffiziellem Mauerfall-Gedenkfilm geworden, der bei keinem Jubiläum fehlen darf. Das Zeughauskino spielt ihn am 9. 11. bei freiem Eintritt. Und man hätte sich wahrlich etwas Dümmeres aussuchen können, als Ophüls’ 1990 für die BBC gedrehten Film, in dem der Regisseur seine Sympathien für die Menschen von der Straße und ihr fröhliches Fest nach dem Wegfall der Grenze erkennen lässt, während er den Politikern (u. a. Krenz, Wolf und Momper), mit denen er über die Maueröffnung und die Zukunftsperspektiven eines vereinigten Deutschlands spricht, mit skeptischem Sarkasmus gegenübertritt. Noch unterhaltsamer wird es, wenn Ophüls auf Heiner Müller trifft, der ihm in Sachen Scharfsinn und Ironie in nichts nachsteht und einige erstklassige Anekdoten zum Besten gibt. Keine Jubelarie also, sondern eher ein Zwischenbericht über ein Land in Aufbruchsstimmung, von der letztlich wenig übrig geblieben ist (9. 11., Zeughauskino).

Der Schlusspunkt des Film Noir ist Orson Welles’ 1957 entstandener Krimi „Touch of Evil – Im Zeichen des Bösen“, ein abgedrehtes Meisterwerk mit harschen Schwarz-Weiß-Kontrasten bei gleichzeitig vollkommen verschwommenen Grenzen zwischen Gut und Böse. Denn die Rolle, die Welles sich hier selbst auf den umfangreichen Leib schneidert, ist die eines Polizisten, der seine Fälle rein intuitiv löst: Da er sich niemals irrt, produziert er kurzerhand gefälschte Beweise gegen die Verdächtigen und verhilft der Gerechtigkeit somit auf äußerst dubiose Weise zum Sieg. Das geht solange gut, bis er mit einem aufrechten Kollegen (Charlton Heston) aneinandergerät, dem diese Methoden nicht gefallen. Inszenatorisch ist „Touch of Evil“ eine neoexpressionistische Tour de Force: von der langen Anfangssequenz, in der die Kamera in einer einzigen Einstellung – über Dächer hinweg und mit Fahrten durch Parallelstraßen – den Weg eines Autos mit einer Bombe im Kofferraum verfolgt, bis zum tragisch-unrühmlichen Ende des dämonischen Inspektors (OF, 12. 11. Arsenal).

So sollten Marsmännchen sein: klein, grün und fies. Tim Burton hat sie in „Mars Attacks!“ (1996), der Satire auf Endzeit-Science-Fiction und Medienrummel, glücklicherweise so gesehen. Die Menschen haben keine Chance gegen die Invasoren, auch ein schleimiger US-Präsident (Jack Nicholson) und seine repräsentationswütige Gattin (Glenn Close), die später den Absturz des Nancy-Reagan-Gedächtniskronleuchters nicht überleben wird, helfen nicht weiter. Gäbe es da nur nicht diese Allergie der grünen Kolonisten gegen Hillbilly-Musik (8. 11.–9. 11. Filmrauschpalast).